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„Man’s Best Friend“ von Sabrina Carpenter: Hymnen des Heterofatalismus
Mit Hits wie „Espresso“ und „Please, Please, Please“ wurde sie vergangenen Sommer zum Weltstar, jetzt schiebt Sabrina Carpenter direkt ein neues Album hinterher.
Stand:
Eigentlich hätte man ja nicht gedacht, dass im Pop noch großartig provoziert werden kann – vor allem nicht mit etwas so Altmodischen wie einem Album-Cover. Sabrina Carpenter hat es trotzdem geschafft. Als sie im Juni das Foto veröffentlichte, das ihre neue Platte „Man’s Best Friend“ zieren sollte, war die Aufregung groß.
„Man’s Best Friend“, so werden im Englischen Hunde bezeichnet, folgerichtig kniete die 26-Jährige auf dem Cover im Minikleid und High Heels neben einem Mann im schwarzen Anzug, der sie an den blonden Haaren hält wie einen Hund an der Leine. Ist das noch Satire oder unterwirft sich Carpenter damit dem männlichen Blick, objektifiziert sich selbst?
Die größte Feindin der Männer
Während in Zeitungen und Kommentarspalten wild diskutiert wurde, zeigte sich die Sängerin selbst unbeeindruckt von der Kontroverse, schob aber direkt ein alternatives, harmloseres Cover hinterher, diesmal „von Gott genehmigt“, wie sie auf Instagram schrieb.

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Nun ist das neue Album da, und wer sich eine smarte Auflösung der Cover-Kontroverse gewünscht hat, wird enttäuscht – Hunde spielen jedenfalls keine Rolle. Was bereits vorher klar war, ist, dass Sabrina Carpenter natürlich keineswegs „Man’s Best Friend“ ist, sondern vielmehr ihre größte Feindin – zumindest der Männer, mit denen sie einst liiert war.
Auch das aktuelle Album ließe sich in die Kategorie „Heterofatalismus“ einordnen: Der Struggle von heterosexuellen Frauen, die absolut keine Lust mehr auf heterosexuelle Männer haben, sie aber trotzdem daten müssen.
„Man’s Best Friend“ kommt nur ein Jahr nach dem Vorgänger „Short n’ Sweet“, das Album mit Megahits wie „Espresso“ und „Please, Please, Please“, die Sabrina Carpenter zum Weltstar gemacht haben. Seitdem war sie nonstop auf Tour und es fällt schwer, sich vorzustellen, wann sie die Zeit hatte, ein neues Album aufzunehmen. Sie habe die Platte „aus reiner Inspiration heraus und komplett ohne Druck“ gemacht, schrieb sie auf Instagram, gemeinsam mit drei ihrer besten Freunde.
Damit meint sie die Produzenten Jack Antonoff und John Ryan und die Songschreiberin Amy Allen, mit denen sie schon für das Vorgängeralbum zusammenarbeitete. „Man’s Best Friend“ hört sich dann auch mehr nach Fortsetzung als nach neuer Inspiration an.
Die Retro-Vibes sind wieder stark – Carpenter nannte Donna Summer, ABBA und Dolly Parton als Inspiration für die neue Platte – zu Disco und Country mischt sich ein bisschen 90s-R’n’B und natürlich der typischer 80er-Synth-Pop von Jack Antonoff.
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Wahnsinnig musikalisch innovativ war „Short n’ Sweet“ allerdings auch nicht gerade. Was den Erfolg des Albums vor allem ausmachte, war Carpenters Persona: Der Kontrast der 60er-Jahre-Pin-Up-Fantasie, die sie äußerlich verkörpert, mit den sehr kontemporären, teils bitterbösen und oft sehr expliziten Lyrics – und das alles abgeliefert mit einem ständigen Augenzwinkern. Sabrina Carpenter nimmt weder Pop noch sich selbst besonders ernst, und das war erfrischend.
In den besten Momenten von „Man’s Best Friend“ funktioniert das Ganze noch immer sehr gut. Im unbestrittenen Hit „Manchild“ etwa, einer Synth-Pop-Nummer mit Country-Twang, Ohrwurm-Melodie und den lustigsten Lyrics des Albums. „Why so sexy if so dumb? / And how survive the Earth so long?“, säuselt Carpenter darin. „If I’m not there, it won’t get done / I choose to blame your mum“.
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Oder in „When did you get hot?” über einen alten Bekannten, der auf einmal attraktiv geworden ist. Hier kommt der typisch doppeldeutige Humor und das Brechen der vierten Wand gekonnt zum Einsatz „Big riff coming, I need a minute”, singt Carpenter. Ein Riff ist in der Musik-Lingo ein sich wiederholendes Motiv – Carpenter aber nutzt es hier auch als Metapher für das große, ähem, Geschlechtsteil ihres Flirts, auf das sie sich nun seelisch vorbereiten muss.
Das neue Album ist textlich schwächer
„Go Go Juice”, eine gut gelaunte Country-Nummer über betrunkene Anrufe bei Verflossenen, erinnert in ihrer Albernheit an „Nonsense“, einen der ersten richtigen Hits für Carpenter. „Do you me still love?“ und „Should we hooks up?”, lallt-singt sie in der Bridge.
Insgesamt aber ist „Man’s Best Friend“ textlich deutlich schwächer, vor allem, weil vielen Songs die Spezifität fehlt, die das Vorgängeralbum ausmachte, etwa wenn Carpenter in „Dumb and Poetic“ einen Ex-Lover komplett auseinandernahm, der ständig meditierte, Selbsthilfebücher las und zu Leonard-Cohen-Lyrics masturbierte.
Um Männer, die sich schlecht benehmen, geht es natürlich auch in „Man’s Best Friend“, das Album sei eine „Party für Herzschmerz, eine Feier der Enttäuschung“, wie Carpenter auf Instagram schrieb. Doch das Ganze klingt vager, allgemeiner.
Die Tränen laufen an den Oberschenkeln hinunter
Anderenorts werden Motive des Vorgängeralbums wieder aufgewärmt, wie etwa, dass Carpenter ihren Ex-Freunden keineswegs das Beste zum Abschied wünscht. Auch die ständigen Sex-Innuendos haben sich etwas abgenutzt: In „Tears“ laufen Carpenter die Tränen statt an den Wangen an den Oberschenkeln hinunter.
Wirklich schlecht ist hier nichts, „Man’s Best Friend“ ist ein solide produziertes Pop-Album mit Melodien, die ins Ohr gehen, und Sabrina Carpenters unendlicher Charme kann ohnehin vieles verkaufen. Das nächste Mal dann hoffentlich ein etwas ausgeklügelteres Projekt.
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