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Vittorio Taviani (rechts) und sein Bruder Paolo 2012 bei der Berlinale

© AFP

Vittorio Taviani ist tot: Mein Bruder und ich

Sie haben ein halbes Jahrhundert lang gemeinsam Filme gemacht: Jetzt ist Vittorio Taviani, der Ältere der Taviani-Brüder, gestorben

Jetzt ist Paolo alleine. Im Alter von 88 Jahren ist sein Bruder Vittorio nach langer Krankheit am Sonntag gestorben. Ein halbes Jahrhundert lang haben die Taviani-Brüder zusammen Filme gedreht, als symbiotisches Duo. Am Set wechselten sie sich regelmäßig ab, wenn der eine dran war, schaute der andere schweigend zu. Als Marcello Mastroianni, der 1974 in ihrem Film „Allonsanfan“ dabei war, gefragt wurde, wie es denn sei, gleich von zwei Filmemachern geführt zu werden, antwortete er: „Wieso von zwei?“ Vittorio wurde 1929 im toskanischen Sani Minato geboren, Paolo 1931. Beide studierten in Pisa und lernten ihr Handwerk anschließend in der römischen Cinecittà. 1962 wurden sie für ihr Filmdebüt „Gebrandmarkt“ über einen wegen seines gewerkschaftlichen Engagements getöteten Landarbeiter mit dem Kritikerpreis der Biennale in Venedig ausgezeichnet. 1967 folgte „I sovversivi“ (Die Subversiven), der vor dem Hintergrund der Beerdigung des KPI-Sekretärs Palmiro Togliatti von der Sinnkrise dreier Kommunisten erzählt. „Wir haben Filmgestaltung und Politik nie als voneinander unabhängig verstanden“, erklärten die Taviani-Brüder zu ihrem „Kino der Recherche“, das sie als Weiterentwicklung des italienischen Neorealismus à la Rosselini oder Visconti verstanden.

2012 gewannen sie den Goldenen Bären für "Cäsar muss sterben"

Zu ihrem Meisterwerk wird 1977 „Padre padrone“, nach dem Lebensbericht des sardischen Hirten Gavino Ledda, der vom Analphabeten zum Sprachwissenschaftler wurde. In Cannes erhalten sie dafür die Goldene Palme. Für „Kaos“ ließen sie sich von den Novellen Pirandellos inspirieren, mit Isabelle Huppert als Charlotte verfilmten sie Goethes „Wahlverwandtschaften“. Oft spielt auch die italienische Landschaft eine Hauptrolle, wie die ihrer heimatlichen Toscana in der „Nacht von San Lorenzo“, der 1944 zur Zeit der deutschen Besatzung in Italien spielt.
Ihren letzten großen gemeinsamen Erfolg konnten die fratelli 2012 in Berlin feiern, als „Cäsar muss sterben“ den Goldenen Bären gewann. Der Film zeigt, wie Insassen eines römischen Gefängnisses William Shakespeares Antiken- und Intrigendrama aufführen.

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