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Die Benin Bronzen 2022 im HUmboldt Forum

© IMAGO/Joerg Krauthoefer

Nach dem Überfall der Oba-Anhänger in Benin-Stadt: Wo stecken eigentlich die Berliner Bronzen?

Bei der Eröffnung des Museums für westafrikanische Kulturen in Benin-Stadt stürmten Anhänger des rituellen Oberhaupts den Neubau. Der royalistische Übergriff betrifft auch das Humboldt Forum.

Nikolaus Bernau
Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

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Im Berliner Humboldt Forum zeigt das Ethnologische Museum seit zweieinhalb Jahren in seiner Benin-Abteilung vornehmlich leere Vitrinen: als Gedenkstätte für eine ansonsten im Depot befindliche, einzigartige Sammlung mit Objekten aus dem westafrikanischen Land. Infolge der Plünderung durch britische Soldaten 1897 kamen sie auf den internationalen Kunstmarkt und wurden für Berlin erworben.

Dabei wusste man damals genau um die Umstände und dass der Raub von Kulturgut seit dem Wiener Kongress 1815 unter anerkannten Staaten wie dem Königreich Benin verboten war. Man wusste also, dass diese Objekte auch nach europäischen Maßstäben Raubgut sind. 

Berlins Nicht-Zeigen ist genau deswegen umstritten. Das Hamburger Museum am Rotherbaum zeigt stattdessen bis zur vollständigen Restitution nach Nigeria seinen restlichen Gesamtbestand, selbst banale Metallbrocken, die nach 1898 auf Auktionen und im Kunsthandel erworben wurden.

Das Argument der Hamburger lautet: Solange der Leihgeber – genauer: die Bundesrepublik Nigeria seit der Übergabe der Eigentumstitel durch die deutschen Museen im Juli 2022 – zustimmt, soll sichtbar gemacht werden, welches Unrecht und welche Willkür der Kolonialismus oft zur Folge hatte.

Seit dem Eklat bei der Eröffnungszeremonie des neuen Museums in Benin-Stadt in der vergangenen Woche haben die Hamburger weitere Argumente für sich gewonnen. In Benin-Stadt sollte nämlich genau dieser (selbst-)aufklärerische Charakter des Museums gefeiert werden. Doch Anhänger des Oba, der rituelle König von Benin Ewuare II., haben die Veranstaltung gestürmt. Das Museum ist nun geschlossen. Der Oba beansprucht das privatrechtliche Eigentum an den zurückgegebenen Objekten und die Verfügung über sie. Diese hat ihm der Zentralstaat zugesprochen, seither befinden sich die Werke verborgen in seinem Palast. Jetzt will er auch noch den spektakulären Museumsbau für die traditionalistische Selbstdarstellung übernehmen. Und wird dabei unterstützt vom Gouverneur des Bundesstaates Edo. 

Bei dem Konflikt handelt es sich keineswegs nur um inner-nigerianische Debatten, sondern um die Bedeutung des säkularen, liberalen Staats versus religiös legitimierte Machtansprüche traditioneller Eliten, um den Zentralstaat versus Regionalmacht. Dabei geht es nicht nur um Objekte und die Frage der Bedeutung von Schönheit, sondern um jene „westlichen“ Werte wie Selbstkritik, für die auch viele Nigerianer kämpfen.

Europa und seine Institutionen sollten sie angesichts der Kolonialgeschichte nicht allein lassen mit dem Affront der Oba-Anhänger. Bisher aber schweigt man in deutschen Museen und dem Humboldtforum, wohl aus Angst, der „Einmischung“ geziehen zu werden.

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