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Auf Entdeckungsreise. Galerist Daniel McLaughlin.

© Werner Huthmacher

Neue Galerie in Berlin: Daniel McLaughlin legt los

Daniel McLaughlin eröffnet eine Galerie im neuen Suhrkamp-Gebäude in Berlin-Mitte. Sein Konzept: Gute Kontakte, neue Ideen.

Herr McLaughlin, Berlin ist ein guter, aber kein leichter Standort für junge Galerien. Etliche haben ihre Dependancen wieder geschlossen, die Situation auf dem globalen Kunstmarkt ist schwierig. Was hat Sie dennoch dazu bewogen, eine Galerie in Berlin zu eröffnen?

Daniel McLaughlin: Ich kenne die Situation aus vielen Jahren im Kunstmarkt und bei der Messe Art Basel. Hier gingen viele Bewerbungen aus Berlin ein. Aus den Komitee-Sitzungen kenne ich die Diskussionen zum Standort. Die meisten Berliner Galerien erwirtschaften nur 20 Prozent ihres Jahresumsatzes hier, den Rest auf Messen oder anderswo. In dieser Situation kann es als Wahnsinn erscheinen, hier eine Galerie aufzumachen.

Warum wagen Sie es trotzdem?

Ich habe den Raum gesehen und wusste: Das ist der richtige Ort. Er hat ein Schaufenster zum Rosa-Luxemburg-Platz, er ist 5,20 Meter hoch und für große Skulpturen geeignet. Der Raum hat mich zu diesem Schritt inspiriert. Aber der Hauptgrund ist, dass die Stadt ein besonderer Ort ist, wie London oder New York. Alles, was New York ausmacht – rascher Wandel, Freiheit, Vielfalt, Zentrum der Gegenwartskunst –, das liebe ich auch an Berlin.

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Was gefällt Ihnen an der Galeriearbeit?

Ich war acht Jahre in einer Galerie in New York tätig, das hat mir Spaß gemacht. Danach folgte ich dem Ruf der Art Basel, wo ich mich unter anderem um die Bedürfnisse von 527 ausstellenden Galerien kümmerte, und seit 2017 kuratiere ich Ausstellungen im Lechner Museum Ingolstadt. Jetzt habe ich wieder richtig Lust auf Galerie. Es gibt nichts Schöneres, als Menschen zu helfen, sich in Kunst zu verlieben.

Wie ist Ihre Strategie?

Die Fensterfront soll Vorbeigehende neugierig machen. Ich wünsche mir einen Raum für Begegnung. Ich möchte auch Menschen ansprechen, die noch keine Sammler sind, aber sich für Kunst interessieren, wie junge Unternehmer oder Menschen aus der Kreativindustrie in Berlin. Ich bin mit klassischer Gegenwartskunst aufgewachsen, die werde ich zeigen. Ich möchte aber auch mit jungen Künstlern arbeiten. Gerade weil sich viele Galerien im Moment schwertun und sich vieles ändert, auch hinsichtlich der Käufer, möchte ich mitgestalten und Galerie neu denken.

Welches Konzept haben Sie, um neue Sammler anzusprechen?

Ich möchte die Leute dort treffen, wo sie sowieso unterwegs sind: auf Social Media, etwa mit Videos darüber, was es bedeutet, ein Kunstsammler zu sein. Wir können Podiumsdiskussionen und offene Gespräche zum Thema veranstalten. Und natürlich kommt in der Kunstwelt vieles auch über persönliche Kontakte und Netzwerke.

Wie ist das Programm der Galerie?

Am Anfang werde ich die Ausstellungen aus dem Lechner Museum in Ingolstadt spiegeln. Das heißt, wenn dort wie im Moment Skulpturen und Zeichnungen von Alf Lechner und Farbbilder von Rupprecht Geiger auf 1800 Quadratmetern ausgestellt sind, ist es auch in Berlin in kleinerem Umfang so. Darüber hinaus plane ich für das erste Jahr Kollaborationen mit Künstlern und anderen Galerien. Ich will qualitativ hochwertige und mutige Ausstellungen machen. Und ich werde viele Künstlerstudios in Berlin besuchen und auf Entdeckungsreise gehen.

Muss die Galerie überhaupt Geld verdienen?

Ja. Im Moment finanziere ich die Galerie noch quer. Es liegt in der Natur einer Galerie, dass sie Geld verdient. Noch wichtiger ist mir, dass die ausstellenden Künstler durch die Galerie mit ihren Werken Geld verdienen.

Sie arbeiten für das Lechner Museum in Ingolstadt. Die Berliner Galerie ist eine Art Dependance. Was passiert dort?

Dieses Jahr kuratiere ich drei Ausstellungen im Lechner Museum. Der Fokus liegt darauf, das Werk von Alf Lechner im Bezug zu wichtigen Positionen der Kunst nach 1960 zu präsentieren. Außerdem entdecken immer mehr Menschen den Lechner Skulpturenpark im Altmühltal.

Und welche Kunst hängt bei Ihnen über dem Sofa?

Bis vor Kurzem eine wunderschöne Arbeit von Louise Bourgeois, die sie mir gewidmet hatte. Jetzt ist dort eine große Fotografie des Flatiron Buildings in New York von den Schweizer Fotografen Mathias Braschler und Monika Fischer zu sehen. Es entstand im Dunkel, verursacht durch Hurrikan „Sandy“ 2012. Mich fasziniert Kunst, die den Mut hat, Aussagen zu treffen. Was mich weniger packt, ist Kunst, die nur mit Gebrauchsanweisung funktioniert. Kunst ist für mich ein emotionales Erlebnis.

Haben Sie das von Ihrem Adoptivvater Alf Lechner mitbekommen?

Auf jeden Fall. Bei Alf Lechner war Emotionalität ein wichtiger Bestandteil, auch ausgelöst durch die Monumentalität des Stahls und die Auseinandersetzung mit dessen Widerständen und Formbarkeit. Er hatte jedoch auch einen mindestens ebenso starken rationalen Anteil in seinem Werk.

[McLaughlin Galerie, Linienstr. 32. Die Ausstellung „Orange x Stahl, Rupprecht Geiger und Alf Lechner“ läuft bis 26. 4.]

Sie haben am Freitag Ihre Galerie eröffnet. Ein großes Fest. Hatten Sie keine Bedenken wegen des Coronavirus?

Wir machen uns viele Gedanken und verfolgen die Nachrichten laufend. Wir haben beschlossen, die Eröffnung stattfinden zu lassen, und alle Gäste gebeten, für sich zu entscheiden, ob sie kommen wollen. Natürlich praktizieren wir die gültigen Hygieneregeln. Ich denke, wir dürfen und müssen unser Leben weiterleben. Es ist vermutlich nicht die erste Virus-Pandemie, mit der wir uns in Deutschland befassen werden, und auch nicht die letzte. 100 Prozent Risiko ausschließen geht nirgends.

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