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Neuer Chef des Netflix-Verwaltungsrates: Firmengründer Reed Hastings.

© AFP / CHRISTOPHE ARCHAMBAULT

Neue Position für Netflix-Gründer: Wenn Mut belohnt wird

Reed Hastings hat das serielle Fernsehen aus der Bevormundung nicht nur durch die TV-Sender befreit. Jetzt wechselt er vom Chefsessel auf den Posten des Verwaltungsratsvorsitzenden.

Eine Kolumne von Kurt Sagatz

Selbst Gründer müssen sich weiterentwickeln! Mit dieser Begründung hat Reed Hastings, Gründer des weltweit größten Abo-Streamingdienstes Netflix, den Chefsessel mit dem Posten des Verwaltungsratsvorsitzenden getauscht. Seine Position ist nun eine neue, der Wechsel bedeutet den endgültigen Abschied vom Tagesgeschäft.

Aber seine Macht bei Netflix, die auf inzwischen 230 Millionen zahlenden Nutzern in fast allen Teilen der Erde beruht, ist ungebrochen. Und das ist auch gut so, denn damit wird ein unternehmerischer Mut belohnt, an dem sich seine Konkurrenten messen lassen könnten – wenn sie denn unter den gleichen Bedingungen arbeiten würden.

Reed Hastings Streamingdienst ist in der Branche in mehrfacher Hinsicht einmalig. Netflix hat als Abo-Versanddienstleister für DVDs begonnen und rechtzeitig das Geschäft als Online-Mediathek ausgebaut. Andere Firmen mit einer ähnlichen Historie sind längst Geschichte.

Dabei ist Hastings immer volles Risiko gefahren. Während andere Konkurrenten noch mindestens über ein zweites Standbein verfügen – so wie Disney mit dem Filmgeschäft, Amazon mit dem Versandhandel und Apple mit seiner Technologiesparte – hängt bei Netflix alles am Streaming-Abo.

Wie anfällig das börsennotierte Unternehmen selbst bei kleinen Unterbrechungen seiner Erfolgsgeschichte ist, hat sich Anfang vergangenen Jahres gezeigt, als es zur ersten Wachstumsdelle kam. Am Jahresende konnte davon keine Rede mehr sein, nicht zuletzt wegen der umstrittenen Royal-Doku „Harry & Meghan“.

Doch eine Garantie für solche Erfolge gibt es nicht, zumal die Anderen künstlerisch zumindest ebenbürtig sind. Das gilt insbesondere für den Serienkanal HBO, der maßgeblich die Entwicklung neuer serieller Erzählformen vorangetrieben hat.

Netflix hat es jedoch immer wieder geschafft, aus seiner speziellen Situation eine Tugend zu machen. Unter anderem mit sehr spitzen Projekten wie der 80er-Jahre-Coming-of-Age-Science-Fiction-Horror-Serie „Stranger Things“. Schneller als andere hat Netflix zudem die Bedeutung regionaler und lokaler Inhalte erkannt.

Vor allem aber besitzt Netflix den in der Branche beinahe einzigartigen Mut, in der Vertriebsphilosophie einen eigenen Weg zu gehen.

Wer sonst außer Netflix wagt es, seine Schätze dem Publikum mit vollen Händen zuzuwerfen. Mit dem konsequenten Binge-Watching, bei dem alle Folgen einer neuen Serie auf einen Schlag veröffentlicht werden, hat Netflix das Fernsehen aus der Bevormundung durch herkömmliche TV-Sender und neue Streamingdienste gleichermaßen befreit. Immer in der Hoffnung, dass sich die Milliarden Dollar schweren Investitionen, die Netflix Jahr für Jahr tätigt, Mal für Mal amortisieren.

Als Zuschauer kann man nur hoffen, dass dies Netflix-Gründer Reed Hastings auch in der neuen Funktion noch lange gelingt.

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