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Renaud Rutten, Jean-Charles Clichet, Philippe Fretun, Iliès Kadri, Farida Rahouadj (v.l.) in "Nobodys Hero".

© CG Cinema

„Nobody’s Hero“ eröffnet Panorama bei Berlinale: Sex hilft gegen den Dschihad

„Nobody’s Hero“ ist Alain Guiraudies Version einer Verwechslungskomödie. Wie immer wird viel gevögelt, diesmal für den Weltfrieden.

Von Andreas Busche

Wenn es um die Libido geht, weicht die stolze Nation keinen Fußbreit vor Terroristen zurück. Nur noch schnell abspritzen, man kann das Schicksal ja nicht mehr abwenden; der Anschlag läuft eh nur im Fernsehen, weit weg.

Das Stundenhotel, in dem der etwas unbedarfte Médéric (Jean- Charles Clichet) und die verheiratete Prostituierte Isadora (Noémie Lvovsky) ihren romantischen Quickie – ohne Bezahlung – haben, heißt bezeichnenderweise Hotel de France, eine dieser für den französischen Regisseur Alain Guiraudie typischen Pointen, die er beiläufig einstreut.

Frankreich schnurrt auf eine skurrile Hausgemeinschaft zusammen

Guiraudie gehört im französischen Kino zum avancierten Mittelbau. Mit Filmen wie „Der Fremde am See“ und „Haltung bewahren!“ hat er in den vergangenen Jahren aber eine treue Anhängerschaft gewonnen, die die Unberechenbarkeit seines Kinos zu schätzen weiß. Dass der Cannes-Stammgast mit „Nobody’s Hero“ das Panorama eröffnet, passt insofern zu einer Sektion, die gelegentlich für einen Mangel an programmatischer Kontinuität geschmäht wird, als es immer häufiger vorkommt, dass unsereins seinen Berlinale-Lieblingsfilm am Ende im Panorama gesehen hat.

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„Nobody’s Hero“ fällt in diese Kategorie, Guiraudies Version einer Verwechslungskomödie (so wie man „Der Fremde am See“ einen „schwulen Erotikthriller“ nennen könnte). Die Verwechslung hat hier zunächst einen bedrohlichen Unterton, Fahndungsbilder kursieren in den Medien – und plötzlich schläft der junge obdachlose Sélim (Iliès Kadri) im Hausflur von Médéric. Die Hausgemeinschaft kümmert sich rührend um den Jungen, auch wenn ein Misstrauen bleibt. Ist er auf der Flucht vor der Polizei?

[11.2., 13.30 Uhr (International), 14.2., 21 Uhr (Intimes), 17.2., 22 Uhr (Zoo Palast); 18.2., 12 Uhr (Zoo Palast)]

Wie immer bei Guiraudie kommt es dann ganz anders, als man denkt – auch wenn Médéric nachts davon träumt, dass sich in seinem Wohnzimmer radikalisierte Muslime zum Gebet versammeln. Auf der Flucht befindet sich nämlich Isadora, die sich vor ihrem eifersüchtigen Ehemann in Médérics Wohnung versteckt. Frankreich schnurrt auf diese skurrile Hausgemeinschaft zusammen, die ein wenig an die „Asterix“-Comics erinnert, die sich Sélim von Médéric ausleiht. Dazu gehört auch das Ehepaar El Alaoui und der ressentimentbehaftete Coq, der in seiner Wohnung Waffen hortet und später mit Monsieur El Alaoui kifft.

Der Belagerungszustand verschärft sich, als sich vor dem Haus Jugendliche versammeln, die noch ein Hühnchen mit Sélim zu rupfen haben. Schließlich werden die Hausbewohner sogar zu Akteuren in den Abendnachrichten. Guiraudies absurdes Theater ist eine seinen Landsleuten freundlich zugewandte Provokation. Wie immer wird viel gevögelt, diesmal für den Weltfrieden. Denn natürlich sind alle Dschihadisten Jungfrauen, weiß Isadora.

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