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Wie viel vom Hin und Her des Wagner-Führers Jewgeni Prigoschin (rechts) mussten ARD und ZDF zeigen?

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Öffentlich-Rechtliche in der Kritik um Putsch-Berichterstattung: Es braucht ein deutsches CNN von ARD und ZDF

Die Diskussion um die Reaktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender ist ein Wiedergänger. Damit muss Schluss sein.

Joachim Huber
Ein Kommentar von Joachim Huber

Stand:

Als die Kathedrale Notre-Dame in Paris am 15. April 2019 in Flammen stand, zeigte sich die ARD absolut unbeeindruckt und setzte das Regelprogramm ungerührt fort. Oder der 6. Januar 2021: Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump stürmten das Kapitol. ZDF-Anchorman Claus Kleber twitterte „CNN einschalten. Sofort“, während im Zweiten keinerlei Bilder zu sehen waren.

Riesige Empörung

Die Empörung war riesig. ARD und ZDF, die sich ständig für ihre Informationskompetenz auf die Schulter klopfen, zeigten sich unfähig, auf weltbewegende Ereignisse live und in Farbe zu reagieren, das Sendeschema für Sonderstrecken aufzugeben. Besserung wurde gelobt - und dann kam der Samstag, als Wagner-Chef Prigoschin zum Marsch auf Moskau ansetzte.

Das Erste reagierte mit Laufbändern, Verweisen auf Phoenix, tagesschau.de, stündlich gab es „Tagesschauen“, gegen 15 Uhr 30 eine erste Sondersendung. Zu wenig, zu spät, die ARD wieder nicht auf dem Quivive?

Tatsächlich ist es so, dass eine wachsende Zahl von Menschen bei solchen Ereignissen nicht mehr das lineare Fernsehen einschaltet, sondern sich über Nachrichtenportale und vergleichbare Immer-und-überall-Medien informiert.

Das lineare Fernsehen ist längst nicht mehr der Status quo für Vermittlung und Beschaffung von Nachrichten. Und es kann sich in seiner eigenen Dynamik verfangen: Was gab es außer Spekulationen faktisch zu berichten, sollte stundenlang der Rote Platz in Moskau in Erwartung der Wagner-Truppen gezeigt werden? Das lineare Live-Fernsehen kann und darf nicht stillstehen, am Samstag war es quasi zum Stillstand verurteilt.

Es gibt außer den Hauptprogrammen ARD und ZDF noch Phoenix, tagesschau24, ZDFinfo. Nach dem neuen Medienstaatsvertrag gehören diese Programme nicht mehr zum Pflichtprogramm der Öffentlich-Rechtlichen. Es ist an der Zeit, dass sich die Systeme auf einen gemeinsamen TV-Nachrichtenkanal verständigen. Endlich Schluss mit der Info-Kleinstaaterei und her mit einem konzentrierten Angebot, das im Moment des Ereignisses sendefähig ist.

ARD und ZDF werden weiter lineares Fernsehen verbreiten, zahlreiche Haushalte werden unverändert mit der Fernbedienung fernsehen, da wird ein deutsches CNN im 24/7-Rhythmus sofort Akzeptanz und Aufmerksamkeit gewinnen. ARD oder ZDF haben es in der Hand, den wiederkehrenden Diskussionen um ihre Live-Kompetenz den Sauerstoff zu nehmen. Machen. Sofort!

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