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Phoenix auf der Bühne.

© IMAGO/MairoxCinquetti

Phoenix live in Berlin: Frankreichs beste Indiepop-Band überzeugt in der Columbiahalle

Gerade haben Phoenix ihr neues Album „Alpha Zulu“ veröffentlicht. Beim Konzert in Berlin stellten sie es vor und begeisterten – auch Dank ihrer vielen alten Hits.

Pausen, Trennungen, Comebacks – bei Bands, die schon ein paar Jahrzehnte dabei sind, gehören solche Dramen zum Standard. Phoenix sind da eine Ausnahme. Die 1995 in Versailles gegründete Gruppe ist nie verschwunden, sondern hat immer kontinuierlich weitergearbeitet. Damit haben sie sich eine Menge naheliegender Schlagzeilenformulierungen mit Asche und ihrem Namen erspart.

Allerdings ist es zuletzt doch deutlich ruhiger um das Quartett geworden, dessen größte Zeit in den nuller Jahren liegt. Als sie Anfang November ihr siebtes Album „Alpha Zulu“ veröffentlicht hat, war das kein die Popwelt elektrisierendes Ereignis mehr – verständlich, aber ein Fehler. Denn es ist ihre beste Platte seit dem Grammy-gekürten „Wolfgang Amadeus Phoenix“ von 2009 – und führt sie nach Jahren der Abwesenheit endlich einmal wieder nach Berlin, wo sie immer noch die Columbiahalle füllen.

Es ist die einzige Deutschland-Show ihrer Tour und sie legen gleich mit ihrem größten Hit „Lisztomania“ los. Grandios. Das Euphorielevel in der Halle ist sofort unter der Decke. Beim Refrain weiß Sänger Thomas Mars, dass er nicht gebraucht wird und hält das Mikrofon in die Menge. Die Abschluss-Strophe zum Thema „show time“ lässt er sich dann aber nicht nehmen, schließlich ist es „time to show off“ – und das machen Phoenix in den kommenden 100 Minuten auf umwerfend sympathische und lässige Weise.

Nebeneinander aufgereiht stehen Laurent Brancowitz, Thomas Mars, Deck D’Arcy und Christian Mazzalai am Bühnenrand, Tour-Keyboarder und -Drummer sind auf einem Podest hinter ihnen platziert. Die vier seit ihrer Kindheit miteinander befreundeten Phoenixe wirken sehr harmonisch, wozu auch beiträgt, dass sie etwa gleich groß sind, alle schwarze skinny Jeans und Lederstiefeletten tragen.

Die klassische Indierock-Uniform steht ihnen einfach, die Mittvierziger sind – genau wie ihre Songs – gut gealtert. „Lasso“ startet zackig-druckvoll – Schlagzeuger Thomas Hedlund ballert mit einer irren Wucht in die Felle – und kreiselt dann in die Phoenix-typische melodieverliebte Eleganz hinein, in die sich immer eine leichte Melancholie mischt.

Das erste neue Stück ist nach rund 20 Minuten der „Alpha Zulu“-Titelsong, für den Bassist D’Arcy und Gitarrist Brancowitz an Elektro-Pulte wechseln. Die Gitarre von Mazzalai spielt wie auf dem gesamten Album eher eine Nebenrolle, darf aber zum Finale des Songs mit einer Art Surfrock-Abfahrt glänzen.

Der Song kommt an, ähnlich wie das neue „Tonight“ – ein Instant-Ohrwurm, der von einer an die frühen Maxïmo Park erinnernden Bassline getragen wird. An die Strokes lässt wiederum das treibende „After Midnight“ denken, das live deutlich rockiger rüberkommt als auf dem Album.

Die ebenfalls in den nuller Jahren zu Ruhm gekommenen Strokes haben vor zwei Jahren mit „The New Abnormal“ auch noch einmal zu alter Stärke zurückgefunden – ihr Auftritt beim Tempelhof Sounds Festival im Juni war dann aber wegen der langen erratischen Ansagen von Julian Casablancas eine zerfahren Angelegenheit. Thomas Mars beschränkt sich angenehmerweise auf das Nötigste, stellt aber dennoch eine Verbindung zum Publikum her.

Bei Singen bewegt er sich geschmeidig tänzelnd zwischen seinen Kollegen, geht auch mal vor ihnen auf die Knie. Beim teils auf Italienisch gesungenen Zugabenstück „Telefono“ steht er am Ende auf dem lilafarbenen Cembalo, das die Band nur für diesen Song dabei hat – ein bisschen spinnerte Extravaganz muss schon sein. Apropos: „Alpha Zulu“ haben Phoenix zu Lockdown-Zeiten im Louvre aufgenommen. Viel Aufwand, der sich gelohnt hat.

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