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© dpa

Konzertvorschau: Adam Green: Held ohne Strumpfhosen

Auftritt der Woche: Adam Green hatte schweren Liebeskummer. Am Sonnabend singt er darüber im Postbahnhof.

Die Zeiten, zu denen Adam Green in plüschigen Bunnykostümen und engen Robin-Hood-Strumpfhosen über die Bühne hampelte, sind lange vorbei. Damals, als Teil der leidenschaftlich-pseudodilettantischen Band The Moldy Peaches, waren derartige Verkleidungen Teil der Show. Heute ist der New Yorker Antifolk-Sänger ganz Künstler, solo unterwegs obendrein. Den Plüsch hat er gegen lässig aufgeknöpfte Hemden getauscht, Jacketts, deren Ärmel viel zu kurz sind und eine zottelige Frisur Marke Eigenschnitt. Denn ein bisschen derangiert darfs ruhig noch sein. Zumindest äußerlich.

Die Musik des 28-Jährigen ist nach nunmehr sechs Alben hingegen, nun ja, gereift. Hin zu ausgefeilten Arrangements, vorgetragen im fast beruhigenden greenschen Bariton, der schnell zum Mitsummen verführt – auch dann, wenn die süße Folk-Melodie den Text oft Lügen straft. Weil es häufiger um Brutalitäten geht, oft um Sex, gelegentlich um beides.

„Im Grunde möchte ich vor allem unterhalten“, sagt Green, übrigens Urenkel der Kafka-Verlobten Felice Bauer. Seine Musik sei „Porn-Folk“, schrieb hingegen der „Rolling Stone“. Und das stört die US-Amerikaner dann doch so sehr, dass Adam Green in seiner Heimat Auftritte im Fernsehen ebenso verwehrt bleiben wie Werbung übers Radio. Fein, dass man in Europa nicht halb so prüde ist. Findet Mr. Green.

Hier jedenfalls hat er seit Jahren eine solide Fangemeinde, vor allem auch in Deutschland, wo er mit „Emily“ 2005 einen seiner größten Hits hatte und sogar bei Stefan Raab und Harald Schmidt zu Gast war. Wenn er am Samstagabend im Postbahnhof auftritt, kann er sich verzückter Zuhörer sicher sein – vor allem weiblichen Geschlechts. Denn die kommentieren schon jedes Youtube-Video mit „cute“, „süß“ und „I love him“. Was den Mann, der im Interview gerne darüber nachdenkt, ob nun amerikanische oder deutsche Mädchen besser küssen („deutsche!“), vermutlich freut. Denn gerade ist er mal wieder Single. Und kein besonders glücklicher, so scheint’s.

Futter für sein Album „Minor Love“, mit dem er nun tourt, hat ihm seine gescheiterte Ehe mit der Künstlerin Loribeth Capella geliefert. Was ein Grund dafür sein mag, dass Frauen bei ihm nicht immer gut wegkommen. Aber auch dafür, dass die Lieder besonders schön melodisch sind. Ein trauriger Green klingt gut. Auch wenn seine Texte teils kryptisch und verworren sind wie eh und je.

„Meine Texte sind nicht zufällig, selbst wenn sie sich lesen wie ein Bewusstseinsstrom“, sagt Green selbst, der weiß, dass er anderen gelegentlich etwas entrückt erscheint. Weswegen er auch freimütig zugibt, dass es ihn den Schlaf kostet, wenn er anfängt, darüber nachzudenken, was der Rest der Welt von ihm hält. Doch zum Glück gibt’s ja Schlaftabletten – und Alkohol. Zwei Dinge, denen Green nicht abgeneigt ist. Von Auftritten, bei denen er ins Mikrofon hauchte, wie betrunken er sei, wurde öfter berichtet. Kölsch sei das beste deutsche Bier, verkündete er kürzlich, auch Jägermeister sei nicht übel. Whatever works.

Aber da der einstige Indie-Geheimtipp inzwischen so professionell musiziert, dass von „geheim“ und „indie“ nun wirklich keine Rede mehr sein kann, mag man ihm den Rockstar-Bühnen-Suff ruhig gönnen. Ein bisschen derangiert ist eben typisch Adam Green. Hauptsache, er lässt das Bunnykostüm zu Hause.

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