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Verhandlung am Mittwoch 15.01.2025 über eine Zivilklage der frueheren RBB-Intendantin Patricia Schlesinger

© imago/epd/imago/Christian Ditsch

Prozess um monatlich 18.300 Euro Ruhegeld: Schlesinger und der Sender wollen sich einigen

Ruhegeld, Schadenersatzforderungen, Bonuszahlungen: Nach einem Prozesstag in Berlin streiten Patricia Schlesinger und der Rundfunk Berlin Brandenburg fortan hinter den Kulissen weiter.

Stand:

Im Rechtsstreit der früheren Intendantin Patricia Schlesinger mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) über Ruhegeld-Forderungen von Schlesinger und hohe Schadenersatzforderungen des Senders streben beide Seiten eine Verständigung an. Nach der Verhandlung am Landgericht Berlin am Mittwoch erklärten die Anwälte von Schlesinger und dem RBB, sich in Vergleichsverhandlungen einigen zu wollen.

Die beiden Parteien folgten damit einem Vorschlag des Vorsitzenden Richters Thomas Markfort. Er nannte auch den Verkündigungstermin für das Urteil, das auf einer geglückten Mediation fußen würde: 31. Mai. Sollte der Verwaltungsrat des öffentlich-rechtlichen Senders dem Richterspruch folgen, ist die zivilrechtliche Auseinandersetzung beendet.

Ob eine Einigung zustande kommt, ist noch offen. Das Gericht deutete in seinen Anmerkungen aber an, es rate angesichts eines ansonsten sehr langwierigen Verfahrens zu einer Verständigung. Die Akten füllen mittlerweile 5000 Seiten. Der Vorsitzende Richter ließ erkennen, dass der RBB wahrscheinlich das vertraglich vereinbarte Ruhegeld zahlen müsse. Es gehe dabei um lebenslange Ruhegeldzahlungen. Er sehe durchaus ein Prozessrisiko aufseiten des RBB.

Zugleich sei nicht ausgeschlossen, dass Schadenersatzforderungen des Senders begründet seien. Es stelle sich deshalb die Frage, ob eine Vereinbarung zustande komme oder der Weg durch die Instanzen beschritten werden solle.

Schlesingers Anwalt Thomas Wahlig skizzierte zuvor die Ergebnisse einer „Gesamteinigung“, die seine Mandantin und er sich vorstellen können. Das Ruhegeld der gekündigten Intendantin würde dann auf eine Gesamtzahlung für 2024 und den Starttermin der monatlichen Überweisung am 1. Januar 2025 hinauslaufen. Das Ruhegeld, das Schlesinger laut Dienstvertrag zusteht, beläuft sich monatlich auf 18.300 Euro, weshalb Schlesinger mit dem ihrerseits verzögerten Starttermin der Auszahlung auf 330.000 Euro verzichten würde. Mit weiteren Zahlungen, die sich aus den Schadensersatzforderungen des Senders ergeben, beliefe sich der Gesamtbetrag Schlesingers zugunsten des RBB auf rund 360.000 Euro.

Der Skandal um Schlesinger beschädigte nicht nur den RBB

Patricia Schlesingers wurde am 15. August 2022 als Intendantin durch den Rundfunkrat abberufen und am 22. August fristlos entlassen. Die wesentlichen Vorwürfe waren Misswirtschaft, unzulässige Bonuszahlungen, private Reisen und Essenseinladungen, die zu Lasten des Senders abgerechnet wurden; auch der teure Umbau der Chefetage und ein Massagesessel im Dienstwagen formten sich zur veritablen Aufregung, deren vor allem finanzielle Konsequenzen den RBB an den Rand seiner Existenz brachten. War in der Latenzphase des Skandals nur die Rundfunkanstalt für Berlin und Brandenburg im Fokus, so weitete er sich im Fortgang von Aufklärung und Aufarbeitung zur Infragestellung des gesamten öffentlich-rechtlichen Systems.

Der Prozess gegen die heute 63-jährige Patricia Schlesinger bildet dabei nur das Finale der Prozesse gegen das damalige Direktorium, wobei längst nicht alle Rechtsstreitigkeiten erledigt sind.

Schlesingers Anwalt Thomas Wahlig drückte nach Prozessende seine Befriedigung darüber aus, dass das Gericht „seinen Argumenten weitgehend gefolgt“ sei. Auch die Klägerin, anfangs noch sehr ernst, wirkte zu diesem Zeitpunkt deutlich gelöster. Anfragen verschiedener Medien, der Saal im Landgericht war bis auf den letzten Platz gefüllt, wich sie aus, ihr Ehemann Gerhard Spörl, der den Prozess nach der Pause in der ersten Reihe verfolgte, wartete schon auf sie.

Die Journalistin hatte seit ihrer Kündigung nur ein Einkommen von Februar bis November 2023 in Höhe von 25.000 Euro monatlich. Nach Tagesspiegel-Informationen arbeitete sie für die MK-Kliniken AG, das Pflegeheime und Einrichtungen für Betreutes Wohnen für Senioren betreibt. Es wäre wohl verkehrt, sich Patricia Schlesinger als mittellos vorzustellen, aber die mittlerweile sehr hohen Prozess- und Anwaltskosten müssen mit dem zu erwartenden Ruhegeld verrechnet werden.

Der RBB-Anwalt klagt auch seinen Auftraggeber an

Die ehemalige RBB-Intendantin hatte mit ihrer Zivilklage die Zahlung eben dieser monatlichen 18.300 Euro für 30 Arbeitsjahre im öffentlich-rechtlichen Dienst verlangt. Der RBB reagierte mit einer Widerklage, um Schadenersatz in Millionenhöhe einzufordern. Konkret fordere der Sender derzeit mehr als zwei Millionen Euro von Schlesinger, hieß vom Gericht. Außerdem habe der RBB die Feststellung beantragt, dass die Klägerin verpflichtet ist, alle Schäden zu ersetzen, die durch Pflichtverletzungen „bei der Planung und Umsetzung eines Bauvorhabens“ entstanden sind oder noch entstehen werden. Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um das inzwischen aufgegebene „Digitale Medienhaus“. Hier seien zahlreiche Pflichtverletzungen dokumentiert, die Schadenersatzansprüche rechtfertigten.

18.300
Euro Ruhegeld pro Monat stehen Schlesinger vertraglich bis an ihr Lebensende zu

Der Anwalt des RBB, René Weißflog, argumentierte im Prozess, Schlesinger habe als Intendantin ein von der Beratungsfirma Kienbaum entwickeltes Bonus-Modell umgesetzt, nach dem weiteren Führungskräften leistungsbezogene Zulagen gezahlt wurden. Da dieses Bonus-Modell nicht formal vom RBB-Verwaltungsrat als zuständigem Gremium beschlossen worden sei, hätte sie damit ihre Pflichten als Intendantin verletzt. Dem RBB sei durch die Zusatzzahlungen ein Schaden in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro entstanden. Im Prozessverlauf musste allerdings der Eindruck entstehen, dass Schlesinger für ein Verhalten und einen Intendantinnenvertrag – Weißflog nannte ihn „sittenwidrig“ – haftbar gemacht wird, den der Verwaltungsrat des RBB, sprich dessen damaliger Wolf-Dieter Wolf, selbst mit ihr abgeschlossen hatte. Manchmal wirkte es so, als würde der RBB-Anwalt den Sender anklagen.

Auch konnte es nicht zugunsten der RBB-Vertreter angesehen werden, dass die Zahl der durch Schlesingers Missmanagement angerichteten Schäden zwar auf 80 Seiten penibel aufgezeichnet, nicht jedoch zu einer Schadenssumme bis zum Prozesstag zusammengeführt werden konnten.

Unabhängig von diesem Zivilprozess am Landgericht Berlin ermittelt schon länger die Generalstaatsanwaltschaft Berlin rund um den RBB-Skandal, darunter auch gegen die Ex-Intendantin. Die Auswertung dazu dauert an, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.

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