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"Herzdame" von Barbara Quandt, 1984

© Villa Köppe / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Neue Wilde: Rasende Herzen

Die Berliner Malerin Barbara Quandt stellt ihr expressives Werk in der Villa Köppe aus.

Ihre 56. Einzelausstellung, wenn wir richtig gezählt haben, hat Barbara Quandt derzeit bei Köppe Contemporary. Das Grunewald-Ambiente will nicht so recht zu einer Malerei passen, die die Galerie mit „Leben – Liebe – Leidenschaft“ annonciert und damit richtig liegt. Denn die 16 Gemälde plus ein Siebdruck, die in den noblen Räumen zu sehen sind, umspannen knapp drei Jahrzehnte und lassen sich dennoch nicht nach dem Grad der Leidenschaft unterscheiden, mit dem sie geschaffen wurden: Sie ist überall gleich hoch. Die Liebe zur Farbe, die Leidenschaft, sie auf Leinwände oder andere Untergründe zu schmettern, und so ein Stück eigenes Leben zu entäußern.

Quandt, mag sie dieses Jahr auch ihren 75. Geburtstag feiern, ist ein niemals alterndes Urgestein der Berliner Szene. Das kommt womöglich vom Studium an der hiesigen Kunsthochschule bei K. H. Hödicke, dem Godfather des Berliner Realismus expressiver Spielart. Hödicke brachte die Gegenständlichkeit ins Bild zurück, und seine Eleven malten gegenständlich, am liebsten das, was und wie sie lebten. Und nicht zu klein, was das Format anlangt.

[Köppe Contemporary Berlin, Knausstr. 19; bis 30. Juli, Di–Fr 16–19 Uhr, Sa 11–17 Uhr. Am 30.7. findet um 15 Uhr ein „Art Talk“ mit der Künstlerin statt.]

Die imposant „Herzdame“, zugleich Umschlag der bilderreichen Katalogbroschüre, zeigt in Wahrheit drei Herzdamen, die um ein Kreismuster rotieren, als wollte das Bild sagen, dass es egal ist, wie herum man es aufhängt. Gleichberechtigung! Sie hat Barbara Quandt sich nicht erstritten, sondern genommen. Die in wildem Gelb sich windende „Tina“ kann niemand anderes sein als die Rocksängerin selben Vornamens; das sagt doch alles. Barbara Quandt hat immer in ihrer Vaterstadt Berlin, aber zwischendurch vielfach im Ausland gelebt; in London, New York, Tansania, Alaska, um nur einige Stationen zu nennen. Motivischen Niederschlag hat das in den bei Köppe gezeigten Bildern jedoch nicht gefunden. Etwas anderes ist zu sehen: eine große Experimentierlust. Vom Gegenständlichen ins Abstrakte – „Abstrakt – bräunlich“ heißt kategorisch ein Großformat von 1989 – oder auch abstrakt mit figurativen Einsprengseln. Insgesamt liegt ihr das Gegenständliche. Das kann sehr körperlich und zugleich verrätselt daherkommen wie in den beiden Bildern namens „La Jolie“ von 1996, für die sie Tapete als durchschimmernden Malgrund genommen hat.

Das jüngste Bild der Ausstellung ist „Protect Me“ betitelt und zeigt eine Frau in rotem Mantel, die Arme verschränkt und die Beine eingeknickt, Schutz suchend, eindeutig. Aber rings um die Figur ist nichts Bedrohliches, sondern lediglich Farbe. Es ist, als ob die beiden Seiten der Malerei aufeinanderstoßen, die gegenständliche und die ungegenständliche, und eigentlich nur ein Anlass gesucht wurde, so viel Rot ins Zentrum eines Bildes zu setzen. Im Gegenständlichen allein die Farbe zu sehen und umgekehrt in der Farbe den Gegenstand, das könnte ein Schlüssel zur Malerei von Barbara Quandt sein. An der Leidenschaft, sie immer wieder neu zu wagen, fehlt es ihr jedenfalls nicht.

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