Nein, es ist kein Spaß, in der Hauptstadt Konzertveranstalter zu sein: Drei Tage, bevor die Berliner Philharmoniker im Rahmen der Berlinale auftreten, raufen sich die Verantwortlichen die Haare ob des schleppenden Vorverkaufs – und am Abend stürmen die Leute dann derart die Philharmonie , dass sich an der Abendkasse Szenen des Chaos’ und der Verzweiflung abspielen. Wenn Simon Rattle mit den Seinen einen experimentellen Stummfilm begleitet, so hat dies viel mit dem Ziel der Philharmoniker zu tun, als Hochkulturinstitution Teil der Stadt zu sein – antielitär, für jeden erlebbar.
Will man die Weisung de mortuis nihil nisi bene beachten, müsste der Artikel hier allerdings zuende sein. Über den Film des im September 2003 40-jährig verstorbenen Regisseurs Oliver Herrmann lässt sich wenig Gutes sagen: Auf dem Reflexionsniveau von Jugendbüchern wird gezeigt, wie es die vom Vater missbrauchte Lucia schafft, sich aus den familiären Fesseln zu befreien; wie Esther lernt, mit dem Tod umzugehen; und wie Dr. Bardot in seinem sauberen Leben endlich etwas Schmutz zulässt. Gott (eine übergewichtige Farbige) schickt die drei dazu auf eine Insel, wo die Religionen friedlich miteinander leben. Inspirationsquelle war Strawinskys „Le Sacre du printemps“. Dieses vertrackte, äußerst personalintensive Stück spielen die Philharmoniker live. Von der Musik bekommt man allerdings wenig mit, weil man sich einfach zu sehr über das pretentiöse, handwerklich (bewusst?) verwackelte Gehirnelaborat auf der Leinwand ärgern muss.