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Kunstmarkt: Restitution - Beratungen über weiteres Vorgehen

Nahezu abseits der Öffentlichkeit hat sich ein lukrativer Kunstmarkt entwickelt: Juristen, Kenner und Erben spüren millionenschwere Kunstwerke aus früherem jüdischen Besitz in deutschen Museen auf. Der Kulturstaatsminister berät über das weitere Vorgehen.

Berlin - Nach dem Aufspüren der Werke beanspruchen die Kunstkenner, was ihnen zufolge zur Zeit des Nationalsozialismus zwangsverkauft wurde. Ist das Kunstwerk zurückgegeben, wird es für viel Geld verkauft. Jüngst erhitzte die "Berliner Straßenszene" von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Berliner Brücke-Museum die Gemüter. Das Bild wechselte kurz nach seiner Restitution für rund 30 Millionen Euro im New Yorker Auktionshaus Christie's den Besitzer.

Nachdem vor allem Museumsvertreter lautstark das ihrer Ansicht nach unlautere Geschäft beklagt hatten, weil nicht erwiesen sei, dass das Bild unter Druck verkauft wurde, ist auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hellhörig geworden: Für Montag hat er eine große Runde mit Experten einberufen. Unter den Geladenen sind der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Michael Eissenhauer, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, und die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabelle Pfeiffer-Poensgen.

Sperrfristen für Erstkaufsrecht

Laut einer Sprecherin Neumanns geht es bei der Gesprächsrunde zunächst um einen Erfahrungsaustausch. Der Kulturstaatsminister wolle sich anhören, wie die Institutionen bisher mit dem Thema umgegangen sind und wie sie ein künftiges Vorgehen sehen. Medienberichten zufolge steht auch eine mögliche Verbesserung der Handreichung, die die Rückgaberegeln definiert, auf der Tagesordnung.

Der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Michael Eissenhauer, brachte bereits Sperrfristen ins Gespräch: So solle nach der Restitution für fünf Jahre ein Erstkaufsrecht bei dem abgebenden Museum oder der abgebenden Nation liegen. Zudem fordert er einen Konsens darüber, was national wertvolles Kulturgut ist, das in Deutschland bleiben soll.

"Heruntergesparte" Museen

Pfeiffer-Poensgen hofft bei dem Treffen auf eine "konkrete fachliche Beratung". Die Aufregung um das Kirchner-Bild zeige, dass es großen Diskussionsbedarf gebe, sagte sie. Für die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder ist vor allem eine Verbesserung der so genannten Provenienzforschung wichtig. Die Museen seien "heruntergespart" und bräuchten mehr Unterstützung zur Erforschung ihrer Bestände. Bei möglichen Rückgabeforderungen seien viele Häuser oft nicht gut vorbereitet. Nach Ansicht von Pfeiffer-Poensgen sollten am Montag eine Arbeitsgruppe eingesetzt und Arbeitsaufträge erteilt werden.

Schließlich besteht Handlungsbedarf: Mehr als ein Dutzend staatliche Museen sollen von Rückgabeforderungen betroffen sein. Laut "Spiegel" liegt dem Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen für das "Urteil des Paris" von Ernst Ludwig Kirchner ein Restitutionsbegehren vor. Die Stuttgarter Staatsgalerie und das Sprengel Museum in Hannover wurden demnach aufgefordert, Gemälde von Franz Marc ("Die kleinen blauen Pferde" beziehungsweise "Katze hinter einem Baum") herauszugeben. Pfeiffer-Poensgen weiß: "Das Thema ist nicht mal eben schnell zu erledigen." (Von Nadine Emmerich, ddp)

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