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Snoop Doggs Show in der Berlin Max-Schmeling-Halle: Sex, Gras und Bier
Der kalifornische Rapper führt bei seinem ersten Auftritt in Deutschland durchs Hip-Hop-Museum und erinnert an die großen Toten des Genres.
Stand:
Der Witz ist gut, den Snoop Dogg zu Beginn seines Konzerts in der Berliner Max-Schmeling-Halle macht. Allerdings sieht man ihn da zunächst nur auf der Leinwand im Bühnenhintergrund, wie er in einem Backstage-Raum sitzt: Beinahe hätte er sein eigenes Konzert verpasst!
Es versteht sich, dass der Rapper damit auch auf seinen Marihuana-Konsum anspielt, der ihn so manches Mal aus der Spur gebracht hat. Nebenbei bemerkt: Wer schon in den neunziger Jahren auf Hip-Hop-Konzerten war, kann von diesen verpassten Auftritten ein eigenes Liedchen singen.
Snoop Dogg taucht dann so gleich livehaftig auf der Bühne auf, „it’s showtime!“, zusammen mit zwei Rappern und einem DJ am Mischpult. Er trägt einen psychedelisch blau-weiß-gemusterten, sportsmäßig fallenden Einteiler, eine weißumrandete Sonnenbrille und lange Dreads. Und er beginnt seine Snoop-Show, die weniger in der Gegenwart ihr Zentrum hat, beispielsweise mit Stücken aktueller Alben, die Snoop regelmäßig veröffentlicht, sondern allein der Vergangenheit verpflichtet ist.
Mit Notorious B.I.G. und Tupac
Eazy E. ist der Erste, der in Großaufnahme auf der Leinwand zu sehen ist, der legendäre, 1995 viel zu früh verstorbene Rapper von N.W.A, der noch vor Dr. Dre und Snoop Dogg berühmt geworden war. Dazu covert Snoop dessen „Boyz’n’ the Hood“.
Und so geht es weiter durch die Geschichte des Hip-Hops der neunziger Jahre: hier der 1997 ermordete Notorious B.I.G. („Hypnotize Me“), dort der ein halbes Jahr zuvor ebenfalls bei einem Drive-By-Shooting ermordete Tupac Shakur, („California Love“, „Two Of Amerikaz Most Wanted“), hier House of Pain („Jump Around“), dort 50 Cent, Ice Cube, Warren G und natürlich Dr. Dre, Mentor von Snoop und Produzent seines 1993er-Debütalbums „Doggystyle“. Willkommen im Hip-Hop-Museum!
Durch dieses führt der 51-jährige, nach wie vor spindeldürre Snoop mit der ihm typischen Lässigkeit und Nonchalance und seiner immer noch so wunderbar nasal-geschmeidigen Rap-Stimme, die Autotune nur vom Hörensagen kennt. Natürlich hat er auch seine eigenen alten Hits im Programm, und die werden entsprechend inszeniert: Sieben knapp bekleidete Pole-Tänzerinnen begleiten das Programm (dazu ein Tänzer mit Affenmaske und Elektrojoint), turnen lasziv an ihren Stangen herum und halten ihm, auch das muss wohl so, nicht nur bei „Sexual Eruption“, den Hintern hin, dem Titel des Debütalbums entsprechend.
Geld, Gras und Sex
Die Show hat also nicht nur musealen Charakter, sondern wirkt auch ziemlich anachronistisch mit ihrem kaum gebrochenen, gar affirmativ gewendeten Sexismus, ihrer Feier von Gras und Gin, wahlweise Bier, mit den Schüssen, die Snoop aus einer roten, mit Geldscheinen gefüllten Plastikwaffe abgibt, mit dem ganzen Gangstergehabe.
Trotzdem ist das Ganze, gerade wenn man es als museal und historisch begreift, enorm unterhaltsam, nicht zuletzt im Vergleich zum öden, einfallslos puristischen Auftritt der Vorband D 12, dem früheren Bandvehikel von Eminem.
Ode an das Grasrauchen
Am Ende wird Pharrell Williams als Anzug tragender Conferencier eingespielt, um einen der größten Hits von Snoop vorzubereiten, „Drop It Like It´s Hot“. Was wiederum – vermutlich unfreiwillig – darauf hinweist, dass Snoop zwar ein begnadeter Rapper ist, der fremde Stücke veredeln kann (man denke nur an das wunderbare „That Girl“ von Pharrell Williams), selbst aber von der Qualität seiner Produzenten abhängt.
Dazu passt das Finale, ein Stück von Snoop mit Wiz Khalifa und Bruno Mars, das die ausverkaufte Halle beseelt mitsingt, „Young, Wild and Free“, eine Ode an das Grasrauchen, an die Jugend, ans Lockermachen. Wenn es denn ironisch und selbstironisch gemeint ist: Besser geht es nicht.
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