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So war das Kino-Event zu „The Life of a Showgirl“ : Strapaziert Taylor Swift die Geduld ihrer Fans zu sehr?
Zum neuen Album findet das ganze Wochenende lang ein weltweites Kino-Event statt. Swift zeigt ihr neues Musikvideo – und spricht über ihre diversen Streitigkeiten. Unsere Reporterin war vor Ort.
Stand:
Fans von Taylor Swift sind mindestens genauso geschäftig wie ihr Idol. Gerade mal 15 Stunden ist Swifts jüngstes Werk „The Life of a Showgirl“ in der Welt, schon haben die Swifties neue Freundschaftsarmbändchen geknüpft, die sie am Freitagabend in einem Kinosaal am Potsdamer Platz miteinander tauschen. „Eure sind alle so schön“, lobt eine junge Frau, eine andere fragt nach einem Bändchen zu „Opalite“, einem der neuen Songs auf dem Album.
Der Kinosaal ist voll, hauptsächlich mit Frauen und Mädchen, die zur ersten Nacht des internationalen Taylor-Swift-Kinoevents erschienen sind. Viele tragen „Eras“-Tour-Merch, einige die mit Sternen bestickten Cardigans, die Swift verkauft, manche haben sich auch verkleidet, wie damals bei der Tour, in Glitzer-Minis und Cowboy-Boots.
Alle wünschen sich zurück zur „Eras“-Tour
In den Gesprächen geht es viel um die „Eras“-Tour, es ist schließlich das erste Mal seit den Konzerten, dass Swifties wieder versammelt sind. „Das war wie ein Film“, erzählt ein Fan, eine andere sagt, sie könne sich an kaum etwas erinnern. Schon Stunden vorher habe sie nichts mehr getrunken, damit sie nicht zwischendurch auf Toilette muss. „Ich wünschte, wir könnten zurück“, sagt ein Swiftie.

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Statt eines dreistündigen Live-Konzerts gibt es nun einen anderthalbstündigen Film, wobei „Film“ zu viel wäre als Bezeichnung für diese recht lieblos zusammengestellte Mischung aus Musikvideo, Making-of-Doku und Lyrics-Videos, die sich „The Official Release Party of a Showgirl“ nennt. Das Event diene dazu, dass die Fans zusammenkommen, gemeinsam singen und feiern, erklärt Swift. Weltweit wurden dafür hunderte Kinosäle angemietet, allein in Berlin zeigen 16 Kinos das Projekt.
Nun ist Taylor Swift ja bekannt dafür, nicht nur Popstar, sondern auch Geschäftsfrau zu sein. Aber von der Promo-Kampagne für das neue Album waren selbst einige Hardcore-Swifties genervt, die in Foren und den sozialen Medien ihren Unmut ausdrückten. Immer neue Countdowns gab es auf Swifts Website zu sehen, die dann aber nie zu neuer Musik führten, sondern zu Merch und der drölfzigsten Vinyl-Version, die es vorzubestellen gilt.
Passenderweise startet der „Film“ mit einem Werbeclip für „Showgirl“-Vinyl-Sondereditionen bei Target, einem Geschäft, das in Deutschland nicht mal existiert. Das Musikvideo zu „The Fate of Ophelia” ist dann immerhin sehr eindrücklich. Kameramann ist erneut der Swift-Vertraute Rodrigo Prieto, der mehrfach Oscar-nominiert ist und zuletzt „Barbie“ und „Killers of the Flower Moon“ gedreht hat. Dementsprechend gut sieht das Video aus, bei dem Taylor Swift selbst Regie geführt hat und das ab dem 6. Oktober auf YouTube zu sehen sein wird.

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Es zeigt verschiedene Showgirls über die Geschichte hinweg, von Modellen für Präraffaeliten, einer Gruppe von Malern im England des 19. Jahrhunderts, über 60er-Jahre-Go-Go-Girls bis hin zum Popstar von heute. Swift gleitet in luxuriösen Kostümen durch die Szenen, mit dabei sind die Tänzer und Background-Sängerinnen der „Eras“-Tour.
Das Musikvideo endet mit Taylor Swift im Glitzeroutfit in der Badewanne liegend, halb unter Wasser und direkt in die Kamera schauend – es ist der Shot, der das Albumcover von „The Life of a Showgirl“ ziert, ein Raunen geht durch die Menge im Kino. Das Albumcover wiederum bezieht sich auf John Everett Millais’ Gemälde „Ophelia“ der tragischen Shakespeare-Heldin. Es ist diese Liebe zum Detail, die Fans lieben und dankbar aufsaugen.

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Nach dem Video geht es bergab mit der Spannung. Swift erklärt nun die Songs des Albums, die dann als Lyrics-Videos zu sehen sind. Mitsingen tut hier allerdings niemand, stattdessen gibt es verhaltenen Applaus nach jedem Song. Und ein paar Lacher, wegen der jugendfreien Versionen der Lyrics: Aus „opened my thighs“ wird „opened my skies“, aus „making me wet“ wird „making me sweat“.
Swift spielt auf ihre verschiedenen Streitigkeiten an, erzählt etwa im Intro zu „Father Figure“, wie heilig ihr Songschreiben sei und wie wichtig, immer Credits zu geben – wohl ein Seitenhieb auf Olivia Rodrigo, die sich von dem Swift-Song „Cruel Summer“ inspirieren ließ. „Actually Romantic“, einen offenbar an Charli XCX gerichteten Diss-Track, nennt Swift „einen Liebesbrief an jemanden, der dich hasst“. „In meiner Branche ist Aufmerksamkeit Zuneigung“, sagt Swift und grinst böse. Die Fans im Kino johlen, hier sind natürlich alle Team Swift.
Am Ende wird das Video zu „The Fate of Ophelia“ dann noch ein zweites Mal gezeigt, und Taylor Swift bedankt sich bei ihren Fans, ohne die das alles nicht möglich wäre. Höfliches Klatschen, dann geht’s weiter mit dem Tauschen von Freundschaftsbändchen.
Wann ist es zu viel? Das ist eine Frage, die Swift bisher immer gut beantworten konnte, auch, weil sie oder ihr Team genau verfolgen, was die Fans schreiben. Noch kaufen die Swifties, was Taylor anbietet. Aber sie sollte ihre Geduld – und Geldbörsen – nicht überstrapazieren.
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