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Der Club Berghain in Berlin.

© Simon Tartarotti

Sparbeschlüsse für die Berliner Kultur: Joe Chialo verweist auf das Berghain als Vorbild

Mehr Privatwirtschaft wagen? Der Kultursenator fragt, ob man nicht vom Techno-Club lernen könne. Gleichzeitig wird immer klarer, dass es nicht bei der 130-Millionen-Euro-Sparliste bleibt.

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Von der Privatwirtschaft lernen: In diese Richtung argumentierte Kultursenator Joe Chialo am Mittwochabend im Deutschlandfunk. Im Gespräch über die drastischen Sparmaßnahmen bei der Berliner Kultur verwies er auf das Berghain, als privatwirtschaftlich betriebenen Club mit großer Zugkraft. „Wie gehen Clubbetreiber mit diesen Situationen um und wie kann man durch geschicktes Networking voneinander lernen?“, fragte Chialo in „Fazit“.

Der derzeit wegen seiner Einschwörung auf harte Zeiten viel kritisierte Senator sagte allerdings auch, dass es gerade in der Freien Szene auch Kunstformen gebe, die nicht auf Monetarisierung ausgerichtet seien und geschützt werden müssten. Aber er wirbt für „neue Wege“, für das Nachdenken über Ressourcenbündelung bei den Berliner Theatern nach dem Vorbild der Opernstiftung und über eine Flexibilisierung der Ticketpreise, ebenso für ein größeres Augenmerk auf das Engagement von Fördervereinen.

Er verspüre Unruhe, so Chialo, wenn er an diejenigen denke, die auf ein „Weiter so“ pochen und „auf paternalistische Art und Weise eine Zukunft ausmalen, die mit der Realität nichts zu tun hat“. Härten abzumildern, das sei seine Verpflichtung als Senator, aber: „Die Situation wird nicht besser, indem man sie negiert“.

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Konsolidierung ohne Konzept, das bedeutet „Abriss-Szenario“, so die Kulturstiftungen

Am selben Tag hatten die betroffenen Institutionen Post von der Kulturbehörde bekommen. Darin wird in sehr nüchternen Worten noch einmal der „tiefgreifende Einschnitt“ erläutert und mitgeteilt, dass es „zu weiteren Kürzungen kommen wird – auch bei Einrichtungen und Projekten, die in der Einsparliste des Senats nicht auftauchen“. Das bezieht sich vor allem auf die Tarifaufwüchse.

Joe Chialo (CDU), Berliner Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, spricht während der 56. Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses.

© dpa/Sebastian Gollnow

Chialo teilt mit, dass „die zentral veranschlagten Vorsorgemittel für die Tarif- und Betriebskostensteigerungen bei der Finanzverwaltung gestrichen wurden“. Hiermit müsse ein Umgang gefunden werden. Die SPD hatte letzte Woche gefordert, dass die einzelnen Ressorts die Mittel selbst einstellen sollen – Geld, das auch Chialos Verwaltung nicht hat.

Akademie der Künste: Signalwirkung über Berlin hinaus

Beispiel Opernstiftung. Sollten die Tarifsteigerungen selbst gestemmt werden müssen, würde sich die dortige Kürzung von 15 Millionen Euro mutmaßlich um weitere neun Millionen erhöhen. Allmählich dämmert es den Verantwortlichen in den Häusern jedenfalls, dass es nicht bei der 130-Millionen-Euro-Streichliste bleibt und die finale Einsparsumme um einiges höher liegen wird.

Die Berliner Kulturstiftungen, zu denen unter anderem das Bröhan-Museum, die Berlinische Galerie, das Stadtmuseum und die Philharmoniker gehören, bringen in einem Offenen Brief ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck.

Eine Idee hinter der Sparliste sei nicht erkennbar: „Konsolidierung ohne Konzept und ohne Einbeziehung der Ressortverantwortlichen führt einfach nur in ein Abriss-Szenario“. Zentrale Aufgaben könnten nicht erfüllt werden, es drohe ein „enormer Personalabbau“, auch wegen der voraussichtlich nicht eingestellten Mittel zum Ausgleich von Gebäude- und Tarifsteigerungskosten.

Die Akademie der Künste, die als Bundesinstitution nicht von den Berliner Sparbeschlüssen betroffen ist, weist in einer Protestnote wiederum auf den politischen Signalcharakter der Ereignisse hin. „Diese Kürzungen sind mehr als ein lokales Problem“, heißt es in dem Appell. „Sie markieren einen Wendepunkt im gesellschaftlichen Umgang mit Kunst und Kultur und spiegeln einen beunruhigenden Rückschritt wider, der über Berlin hinaus Signalwirkung entfaltet – auch mit Blick auf die kommenden Bundestagswahlen“.

Kunst und Kultur seien der Ort, wo die Liberalität einer Demokratie verhandelt wird, so Akademie-Präsident Manos Tsangaris. Angesichts zunehmender autoritärer Entwicklungen in einer immer polarisierteren Welt seien Aufklärung und Bildung wichtiger denn je.

Schon jetzt ist klar: Gerade die Bildungsprogramme und niedrigschwellige Angebote werden einer notgedrungenen Kommerzialisierung der Kultur als Erstes zum Opfer fallen.

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