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Kultur: Tolle Wurst

„Room Service“ an der Berliner Schaubühne

Es gibt etwas, das noch viel schwerer ist als Komödie – die Backstage Comedy. Wenn sich ein Theaterdirektor darauf einlässt, muss er entweder völlig am Ende sein, oder es geht ihm zu gut. Ein Genre für Katastrophenliebhaber: Schauspieler spielen schlechte Schauspieler, die schlechte Witze machen, sie zerlegen die Bühne, verheddern sich in einer nicht nacherzählbaren Story, und schließlich schenkt ihnen der Theatergott auf dem Trümmerfeld ihrer Kunst ein Happy End, von dem sich keiner mehr erholt.

Noch Fragen? Die berühmteste Backstage Comedy ist Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“, im Kino wäre Robert Altmans „A Prairie Home Companion“ zu nennen, sein letzter Film. Backstage Comedys handeln von menschengemachten Weltuntergängen; von Abschieden, die das Herz zerreißen, das Lachen entspringt purer Verzweiflung. Ach so: Hier möchte der eine oder andere vielleicht wissen, was das alles soll?

Nun, auch am andern Morgen, nach wenigen Stunden unruhigsten Schlafs, herrschte noch keine Gewissheit, ob das nicht ein blöder Scherz war. Ob sich da nicht eine hinterfotzige Schauspieltruppe eingeschlichen und unter falschem Namen (Schaubühne! Regie: Thomas Ostermeier!) eine Premiere abgeliefert hat, wie man sie schmieriger und öder lange nicht sah. Drei Stunden lang Banal- und Analscherze, faule Sprüche über Peter Stein und Martin Wuttke, Theater von unten, Theater von hinten, ohne Tempo, zum Erbarmen schlecht – aber eben auch nicht schlecht genug, um wieder gut zu sein.

„Room Service“ von John Murray und Allen Boretz gehört zu den Klassikern der Gattung, von den Marx Brothers ist eine Verfilmung überliefert. Männchen im Hotel: Ein Produzent und Pleitier kämpft um seine Show. Und weil Comedy-Star Kurt Krömer die Knallcharge spielt – die Neuköllner „Kackbratze“ am Kurfürstendamm –, war ’s eine Art Berliner Gesellschaftsereignis. Krömer steht in roten Cowboystiefeln rum, markiert den doofen Schlaumeier, während sich ein Dutzend Akteure (und eine schummrige Zwei-Mann-Combo) abmühen, mal so richtig das Komikerferkelchen rauszulassen und die Spielebenen zu vermischen; so nennt man das wohl. Recherchen ergaben inzwischen, dass es sich tatsächlich um eine Großproduktion der Schaubühne handelt. Es kam jedenfalls kein Dementi, die Vorstellungen waren schon vor der Premiere ausverkauft. Fazit: Der Vorhang zu, und alle Ärsche offen.

Rüdiger Schaper

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