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Die britische Musikerin Låpsley.

© Beggars/Promo

Låpsley live in Berlin: Tu mir weh

Melancholischer Electropop: Låpsley gab ein kurzweiliges Konzert im ausverkauften Berliner Postbahnhof.

Der Kringel auf dem „a“ führt in die Irre. Skandinavien soll man wohl denken. Denn blond ist die Låpsley ja auch. Doch den Buchstaben hat sich Holly Lapsley Fletcher, wie die 19-jährige Musikerin bürgerlich heißt, einfach selber dazugedichtet. Sie kommt nämlich aus dem englischen Southport. Es liegt 26 Kilometer nördlich von Liverpool, wo sich die Musikerin als Teenager heimlich in den Clubs rumdrückte.

Und das hört man ihrer Musik an. Sozialisiert mit britischen Popgrößen wie James Blake, Adele und The XX klingt ihr Anfang des Monats erschienenes Debütalbum „Long Way Home“ wie ihr kluger eigener Reim auf diese Einflüsse. Auch an die starken ersten Alben von Jessie Ware und London Grammar lässt ihr melancholischer Electropop denken. Auf der Insel hat sie damit bereits eine erstaunliche Karriere gemacht: Das wichtige Indie-Label XL Recordings (Adele, The XX) nahm die Klavier, Gitarre und Oboe spielende Musikerin unter Vertrag, die BBC ließ sie auf ihrer Bühne beim Glastonbury-Festival auftreten und die Presse ist begeistert.

Hierzulande ist der Enthusiasmus noch nicht ganz so ausgeprägt, doch den kleinen Saal des Berliner Postbahnhofs hat Låpsley immerhin ausverkauft. Ein andächtiges Publikum lauscht der Sängerin, die mit dem verhaltenen älteren Stück „Burn“ in den Abend startet. Genau wie ihre drei Begleitmusiker an den Synthesizern und Drumpads trägt sie Schwarz, ein einfaches Kittelkleid. Die Lichtshow ist auf verschiedenfarbig leuchtende Dreiecke an der Bühnenrückwand beschränkt.

Sie singt Duette mit ihrer eigenen tiefer gelegten Stimme

Dieses schlicht-elegante Konzept passt gut zur kühlen Klarheit ihrer Arrangements, die meist von Klavierakkorden in Moll getragen werden und in langsamen bis mittleren Tempi gehalten sind. Im Zentrum steht Låpsleys Gesang, mit dem sie immer wieder reizvolle Experimente veranstaltet: Manchmal singt sie synchron mit einer sehr tief gepitchten Version ihrer von Festplatte zugespielten Stimme oder sie benutzt wie bei „Tell Me The Truth“ für die Refrainzeilen ein Mikrofon, das ihren Gesang ebenfalls in ein tieferes, androgynes Register verschiebt.

Seltsam gewollt wirkt inmitten dieses stilvollen Schwermutssounds die discopoppige Fröhlichkeit von „Operator (He Doesn’t Call Me)“ – aber ein Stück über das Telefonieren muss man derzeit wohl im Programm haben, selbst wenn darin ein schon lange nicht mehr existierendes Berufsbild vorkommt. Trotzdem überzeugt Låpsley mit diesem kurzweiligen einstündigen Konzert, bei dem sie auch mal allein am Keyboard sitzt oder souverän den Kate-Bush-Song „This Woman’s Work“ covert. Ihren bisher größten Hit „Hurt Me“ spielt sie von rot-gelbem Licht beschienen als einzige Zugabe. „So if you’re gonna hurt me/Why don’t you hurt me a little bit more?/ Just dig a little deeper/ Push a little harder than before“, singt sie über ein Ohrwurm-Loopmotiv und einen Schnipsbeat – ganz großes Herzschmerz-Kino, das in Adeles Liga mithalten kann.

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