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Plakat wirbt für den Roman - Der Turm - von Schriftsteller Uwe Tellkamp während der Frankfurter Buchmesse 2008

© Imago / imago/suedraumfoto

Literatur und Politik: Das Schrillen der Alarmglocken

In Frankreich sorgt Michel Houellebecq regelmäßig für Aufregung mit seinen Aussagen - in Deutschland ist sein Pendant Uwe Tellkamp

Gerrit Bartels
Ein Kommentar von Gerrit Bartels

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Wenn es in Frankreich mal wieder Aufregung um Michel Houellebecq gibt, wie gerade jetzt nach der Strafanzeige durch den Rektor der Großen Moschee von Paris, Chems-eddine Mohamed Hafiz gegen den Schriftsteller wegen dessen Aussagen im Gespräch mit dem Philosophen Michel Onfray, dann denkt man hierzulande an Uwe Tellkamp.

Natürlich ist der kulturelle Hintergrund ein anderer, wirkt Houellebecq betont provokativ, ist er viel spielerischer, sind seine Romane andere, um nicht zu sagen: bessere. Und wenn Houellebecq dann mal meint, die Stimmung der französischen Bevölkerung in Worte zu fassen, und glaubt, deren Wunsch sei es nicht, „dass die Muslime sich assimilieren, sondern dass sie aufhören, uns zu bestehlen und zu attackieren“, hat auch das eine andere Qualität als Tellkamps Überzeugung, viel näher dran zu sein an den „einfachen Leuten“ gerade in Sachsen als das von ihm immer wieder gescholtene „Latte-Macchiato-Prenzlauer-Berg“-Milieu.

Tellkamps Auftritte sind immer mediale Spektakel

Trotzdem ist jeder Auftritt Tellkamps auf größeren Bühnen als denen in seiner Heimatstadt Dresden (vor allem Susanne Dagens Buchhaus Loschwitz) nicht zuletzt ein mediales Spektakel. So war das, als er im Sommer als „Laudator“ bei der Premiere von Thilo Sarrazins neuem Buch fungierte; und so war das Anfang Dezember, als er einer Einladung der sächsischen Landesvertretung in Berlin gefolgt war und aus seinem Roman „Der Schlaf in den Uhren“ las, um anschließend mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer weniger über den Roman als über politische Großwetterlagen zu sprechen.

Dabei gab Tellkamp wieder manches Merkwürdige von sich, auch weil einen Tag zuvor die Polizei 25 Personen aus der „Reichsbürger“-Szene festgenommen hatte. „Sofort sind alle sich einig: Das kann nur finster sein. Der Abgrund des Terrors. Und alle Härte des Rechtsstaats.“, so Tellkamp. Das brachte ihm den Vorwurf der Verharmlosung der „Reichsbürger“-Umtriebe ein, gehörte aber vor allem zu der ewigen Erzählung des Schriftstellers, dass die Medien gleichgeschaltet und nie an ultimativen Wahrheiten interessiert seien.

Dass er grundsätzlich auch anders kann, jenseits aller Verschwörungserzählung, bewies Tellkamp vor Weihnachten mit einer Hymne auf Péter Nádas’ Roman „Parallelgeschichten“ in dem rechtskonservativen Online-Portal „Tichys Einblick“. „Solange Bücher wie die „Parallelgeschichten“ geschrieben werden“, schwärmte er, sei „die Literatur lebendig.“

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