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Kultur: VOR - Babel & Co

Wenn in Arizona ein Schmetterling mit den Flügeln schlägt, beeinflußt das durch unübersehbare Vermittlungsstufen das Wetter in Deutschland und damit die Laune des Kolumnisten, der überlegt, wie er seinen Geburtstagsknicks vor Vladimir Nabokov absolvieren soll.Das Wetter ist ok.

Wenn in Arizona ein Schmetterling mit den Flügeln schlägt, beeinflußt das durch unübersehbare Vermittlungsstufen das Wetter in Deutschland und damit die Laune des Kolumnisten, der überlegt, wie er seinen Geburtstagsknicks vor Vladimir Nabokov absolvieren soll.Das Wetter ist ok.Also: Am 22.April oder 23.April, das Datum ist umstritten, wäre Nabokov hundert Jahre alt geworden.Und da der Schriftsteller fünfzehn Jahre in Berlin gelebt hat, wird am Donnerstag um 11 Uhr in der Nestorstraße 22, Nabokovs letzter Berliner Adresse, eine Gedenktafel an die Hauswand geschraubt.Dabei konnte Nabokov Berlin, das in den 20er Jahren eine der größten russischen Städte der Welt war, angeschwollen von Zigtausenden von Emigranten nach der Oktoberrevolution, nie ausstehen, auch schon vor 1933 nicht.1937 ging er mit seiner Frau Vera, die Jüdin war, nach Paris.Am Dienstag um 20 Uhr werden im Foyer der Akademie der Künste Erzählungen Nabokovs gelesen, die in Berlin entstanden sind.Auch den großen Roman "Die Gabe" hat er hier geschrieben, und zwar zum Teil in der Badewanne der winzigen Wohnung, in der er damals mit seiner Frau und dem frisch auf die Welt gepurzelten Sohn lebte.

Wer am Dienstag abend mit Nabokov lieber ins Kino als in die Badewanne gehen will, ist im Literaturhaus richtig.Ab 20 Uhr liest Hanns Zischler Kinoszenen aus dem Roman "Pnin": "Dieser Rohrstock, diese Melone, dieses weiße Gesicht, diese schwarzen geschwungenen Augenbrauen, diese zuckenden Nasenflügel sagten ihm nichts.Ob der unvergleichliche Komiker neben einem wartenden Kaktus mit bekränzten Nymphen in der Sonne tanzte, ob er ein prähistorischer Mensch war (sein geschmeidiges Stöckchen nun eine geschmeidige Keule)...den humorlosen Pnin ließ es gleichgültig." Als "Jahrhundertbuch" - an V.N.komme ich damit in dieser Woche nicht vorbei - möchte ich aber nicht "Pnin" empfehlen, und selbstverständlich auch nicht "Lolita", sondern den frühen Roman "Die Mutprobe", und zwar wegen der Intensität der optischen Szenen, also aus demselben Grund, warum ich in der letzten Woche auf die Erzählungen Iwan Bunins hingewiesen habe, der übrigens die literarisch übermächtige Konkurrenz, die von Nabokov ausging, deutlich empfunden hat.Wer den Meister selbst zu Gesicht bekommen möchte, kann sich am Sonntag um 20 Uhr, wiederum in der Akademie der Künste, Fernseh-Interviews vorspielen lassen.

Welche Autoren hat Nabokov geschätzt? "Ich habe einige Favoriten - zum Beispiel Robbe-Grillet und Borges." Alain Robbe-Grillet war einer der Chefköche des nouveau roman, rührt aber inzwischen längst in anderen Töpfen.Heute abend um 20 Uhr kann man ihm in der literaturWERKstatt begegnen.Seinen zauberhaften Roman "Djinn", in dem die Leser auf höchst amüsante Weise von einem mutmaßlichen Mörder genasführt werden, möchte ich diesesmal ausnahmsweise als "Co" dem eigentlichen "Babel"-Jahrhundert-Tip hinterherreichen.

Die letzte Meldung ohne V.N.: Am Freitag um 20 Uhr wird in der Akademie der Künste die Dichterin Elke Erb mit dem F.-C.-Weiskopf-Preis ausgezeichnet.Die Laudatio hält Detlef Opitz.Bereits am Abend vorher (Donnerstag, 19 Uhr 30) kann man Erb in der Germanistik-Bibliothek (Roslaube) lesen hören.

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