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Kultur: Vorfahrt für die Grauen

Ferne Gegenwart: „I, Robot“ kreist um den Mythos der Maschinenseele

Zugegeben, die Vorstellung ist verlockend: Maschinen, die uns so ziemlich alles abnehmen. Nicht nur Abwasch, Kochen und Fortbewegung – solche Roboter sind ja längst die besten Mitbewohner –, auch alle anderen unliebsamen Tätigkeiten. Schon Leopold I. ließ einen wächsernen Stellvertreter seiner selbst bauen, der mittels eines Uhrwerks seinen Kopf drehte – und prompt mit dem Kaiser selbst verwechselt wurde. In Menschengestalt könnten Roboter alles das tun, wozu wir keine Zeit mehr haben, zum Beispiel unsere Kinder erziehen.

Robbie ist so ein sanfter Roboter, der Kinder auf seinem Rücken reiten lässt. Erfunden hat ihn der 1920 geborene Isaac Asimov, Professor für Biochemie und mit Storys wie „Der galaktische General“ oder „Alle Wege führen nach Trantor“ einer der erfolgreichsten Science-Fiction-Autoren des 20. Jahrhunderts. In seinem Roman „I, Robot“, nun erstmals für die Leinwand verfilmt, reitet ein kleines Mädchen auf Robbies Rücken. Im Gegenzug für das Spiel muss das Kind der Maschine Geschichten erzählen. Robbie ist geradezu süchtig danach, denn dem Blechkameraden fehlt eben das, was einen Menschen ausmacht: das kulturelle Gedächtnis.

Del Spooner mag keine Roboter. Er ist ein Mensch, der direkt aus dem frühen 21. Jahrhundert entsprungen zu sein scheint: Sogar die alberne Hip-Hopper-Attitüde hat er bis ins Jahr 2035 hinübergerettet. Spooner (Will Smith) ist ein harter Bursche, der seinen Fäusten im Notfall mehr traut als einer NS-5-Einheit aus der neuesten Roboterserie. Als er in einem Mordfall gegen so eine Maschine ermitteln muss, die im Verdacht steht, den Chef der Firma US Robotics unsanft aus dem Fenster der Chefetage befördert zu haben, findet er seine altmodischen Vorurteile gegen die Menschenapparate nur bestätigt. Doch Sonny (nicht Robbie) ist nicht wie andere Roboter. Unter seiner wachzarten, transparent schimmernden Haut scheint ein allzu menschlicher Charakter zu wohnen. Sonny will kein Serienmodell mit Typennummer sein, er besteht auf einem Eigennamen. Aber kann eine Maschine aus Kunststoff, Stahl und Elektrosehnen ein Subjekt sein?

„I, Robot“, die späte Asimov-Verfilmung von Alex Proyas („The Crow“), kreist um diese maschinenphilosophischen Fragen. Diskutiert werden sie zwischen der technikgläubigen Roboterpsychologin Susan – nomen est omen – Calvin. Die von Bridget Moynahan („Sex and the City“) gespielte kühle Schönheit, steht im Dienste eines fiesen Firmenimperiums, das nur das Gute will und doch das Böse schafft. Das Gute: Das sollen die spinnenflinken, allseits beliebten Haushaltshelferlein sein. Dass aber mit den androgynen Menschmaschinen etwas nicht stimmt, wird spätestens klar, als eine Hundertschaft von bösartigen Androiden dem Cop in einer gewaltigen Car-chase-Szene auf das Designerauto springt.

„I, Robot“ ist in erster Linie ein John- Nelson-Film. Die von dem Spezialeffekt-Spezialisten („Gladiator“, „Matrix“) programmierten Animationen und Stunts liefern alles, was ein Science-Fiction-Film so braucht: von der Roboterverschwörung („Matrix“!) bis zur Flucht vor einer Lawine berstender Trümmerteile. Die Story selbst bleibt dahinter leider etwas blass. Das Asimov-Universum stammt eben aus den Fünfzigerjahren, als naive Technikgläubigkeit und Wirtschaftswunder eine elektrische Haushaltsrevolution auslösten und man Roboter noch für die besseren Menschen hielt.

In einer der besten Filmszenen streiten Mensch und Maschine über den kleinen Unterschied. „Kann ein Roboter wie du etwa eine Sinfonie schreiben?“, fragt der Mensch den Roboter. „Können Sie es?“, gibt der Robot schlagfertig zurück.

Die komplexe Welt der Asimov-Geschichte wird im Film dabei nur gestreift. In seinem lesenswerten Traktat „Isaac Asimov über Science Fiction“ (Bastei-Lübbe) bemerkte der populäre Genre-Autor schon 1981 über das Big Business der New Wave des Science- Fiction-Films: „Sie könnten eine dramatischere Zukunft haben, falls die Produzenten visueller Science Fiction ihrer hirnlosen Hingabe an Spezialeffekte solche Dinge wie geistreichen Inhalt, interessante Story und tiefgründige Charaktere hinzufügen könnten.“ „I, Robot“ ist Big Business: Statt die aufgeworfenen großen Fragen zu beantworten, setzt die Hollywoodmaschine ganz wie Mary Shelley’s Frankenstein nur die üblichen (Film-)Leichenteile zusammen. Das Ergebnis wirkt leider ziemlich roboterhaft.

In 24 Berliner Kinos; OV im Cinestar Sony Center und Cinemaxx Potsd. Platz

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