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Kultur: Was die Szene erwartet

„subversiv, sexy und stilvoll“: Malerei in der Galerie Wewerka

Von Nicola Kuhn

Zum Schluss soll es noch einmal richtig krachen: Wenn Michael J. Wewerka seine Galerieräume in der Budapester Straße zwischen Zoologischem Garten und Inter-Continental Hotel aufgibt, dann bitteschön „subversiv, sexy und stilvoll“. So lautet zumindest der Titel seiner dreiteiligen Ausstellungsreihe zum großen Finale, für die er Klara Wallner als Kuratorin gewinnen konnte. Und das wäre auch schon der zweite Garant für einen Hingucker, denn die Berliner Kunstkritikerin stellt seit Anfang der Neunziger Jahre sehenswerte Ausstellungsprojekte auf die Beine, die unter anderem in eine still gelegte Pumpenfabrik führten oder das Trottoir des Potsdamer Platzes als Projektionsfläche für Künstlervideos nutzten.

Der knallige Titel muss wohl sein, denn angesagt war der Schauraum in den vergangenen dreieinhalb Jahren weniger. Und „malerei heute“, so der Untertitel, zieht nun auch nicht gerade, obwohl im Moment alle die Malerei wieder entdecken. Das allerdings kann man Klara Wallner nicht zum Vorwurf machen, da sie ihr Interesse für Malerei mit früheren Ausstellungsprojekten bereits bewiesen hat und die jetzige Präsentation den Besuch lohnt. Geschickt mixt sie die Stile, hat für jeden Geschmack etwas – und sei es in einer der beiden Folgeausstellungen.

Irgendwie passt das Qualitätssiegel „subversiv, sexy und stilvoll“, das von Malcolm McLaren, dem Begründer der Sex Pistols, übernommen wurde, zur Veranstaltung, nicht aber zu den einzelnen Positionen. Dafür ist Joachim Grommeks Malerei viel zu intellektuell. Der Berliner Künstler bemalt Spanplatten sophisticated mit einer Spanplattenstruktur, auf der er wiederum berühmte Kollegen paraphrasiert: von Kenneth Noland die Silhouette eines „Targets“, von Andy Warhol den äußersten Rand seiner Siebdruckvorlagen, von Robert Ryman die Klebestreifen (3200 bis 6000 Euro). Dieses Kunstkenner-Quiz fügt sich bestens mit Gunter Reskis Gedichtschleifen, die der Betrachter nur mit Mühen entziffern kann. Letztlich geht es ihm nicht um den Inhalt, sondern um die räumliche Symbiose von Text und Bild. Kann sein, dass dem Betrachter da schon mal schwindelig wird, wenn er allen Ernstes den Zeilen von William Carlos William zu folgen versucht und sich spätestens bei „Es war ein eisiger Tag“ den Kopf verdreht hat (3000 Euro).

Der wird ihm dafür bei Steven Black wieder zurecht gesetzt, der seine Porträts von Freunden und Kommilitonen in einem klaren Raumnetz verortet. Der junge Australier mit Studienabschluss an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst ist die Überraschung der Ausstellung, denn einerseits versteht er sein altmeisterliches Metier, andererseits ahmt er derartig schamlos Giacometti nach, dass man ihn nicht so leicht vergessen wird. Und sei es der rot gepolsterte Stuhl, auf dem sich seine Figuren positionieren und damit das Zentrum des Atelieruniversums markieren (550 bis 650 Euro).

Wäre da noch Wawrzyniec Tokarski, der wie Reski zu den Teilnehmern der Malereiausstellung im Frankfurter Kunstverein gehörte. Kokett fragt er neben einem Selbstporträt mit einer der Zeitung entnommenen Schlagzeile „Was hat die Szene von mir zu erwarten: Vorauseilender Gehorsam!“ (2500 Euro). Ganz so schlimm ist es wohl nicht, auch wenn der polnische Künstler mit Wohnsitz Berlin recht windschnittig seine Motive aus den verschiedenen Medien sampled. Neben dem Bonmot ist ihm ein überraschend aktueller Treffer gelungen „international waiting, 24 hrs“ ist da neben dem Motiv der Gedächtniskirche zu lesen (1100 Euro). Wofür das Warten ursprünglich beim Entstehen des Bildes stand, wird zur Nebensache. Für einen Moment wird Macht und Ohnmacht der Malerei spürbar. Das Label „subversiv, sexy und stilvoll“ sei deshalb nachgesehen.

Michael J. Wewerka Galerie, Budapester Straße 18, bis 26. April; Dienstag bis Freitag 11–19 Uhr, Sonnabend 11–17 Uhr. Fortsetzung der Ausstellungsreihe am 29. April und 10. Juni.

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