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 „Hofteich“ (1975) von Georg Baselitz wurde wurde im Dezember im Münchner Auktionshaus Ketterer Kunst für 1.045.000 Mio. Euro versteigert

© Ketterer Kunst

Was geboten wird: Der globale Auktionsmarkt überwindet die Pandemie

Neue Namen, Preissteigerungen und die künftige Konkurrenz im asiatischen Raum: Für 2023 kündigen sich diverse Veränderungen bei den Versteigern an.

Von Sebastian Strenger

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Auf dem globalen Markt der zeitgenössischen Kunst ändern sich derzeit die Parameter. Ein Generationenwechsel wirbelt die Szene auf und führt zu einem Paradigmenwechselt. Dabei gibt es Gewinner und Verlierer, auch unter den Youngstern, den Künstlern unter 40 Jahren. Unmittelbar nach den zähen Corona-Jahren formieren sich die Marktpositionen der Zukunft. Es geht um Künstler:innen, die in den kommenden Jahre ihre marktbeherrschende Stellung weiter ausbauen. Für Spekulanten wie passionierte Sammler:innen schlägt gleichermaßen die Stunde, die über Erfolg im Investment oder das Renommee einer Sammlung entscheiden. Einige der nach 1945 geborenen Künstler:innen könnten für viele bald unerschwinglich werden.      

Nach den jüngsten bedeutenden Kunstmessen wie der Frieze London oder der Paris+ Art Basel zeichnen sich die Trends für 2022 ab. Auch Artprice hat als weltweit größter Dienstleister im Bereich der Auktionsdatenbank seinen Bericht veröffentlicht. Im Post-Covid-Jahr verzeichnen die globalen Auktionsumsätze mit zeitgenössischer Kunst danach einen leichten Rückgang von 1,1 Prozent. Vor allem Chinas rigide Covid-Politik sorgte für einen Umsatzeinbruch. Damit gibt China im Segment der aktuellen Kunst die Führungsrolle nun wieder an die USA zurück: Letztere verzeichnete einen Anstieg von 20 Prozent. Allein die Auktion der Kunstsammlung des 2018 verstorbenen Microsoft-Mitbegründers Paul Allen erzielte bei Christie’s über als 1,6 Milliarden Dollar. 

Viele Erben liefern Werke ein

Im aktuellen Jahr wurden weltweit etwa 2,7 Milliarden Dollar bei der Versteigerung von zeitgenössischer Kunst umgesetzt, und die Daten deuten darauf hin, dass ohne Chinas Nullzins-Politik der globale Markt um rund zehn Prozent gewachsen wäre. Die Datenbank Artprice mit 39.880 gelisteten Künstler:innen für Auktionen mit Zeitgenossen weist 5.300 Neuzugänge auf. Gleichzeitig stieg die Zahl der Auktionsrekorde auf 5.100. Deutlich gewachsen ist die Zahl der reinen Online-Auktionen mit vorwiegend unbekannten Namen, die eine junge Generation von Erben auf den Markt bringt. Oftmals fehlt das Interesse, eine nach 1945 aufgebaute Kunstsammlung der Eltern fortzuführen.      

Von den weltweit in Auktionen umgesetzten 2,7 Milliarden Dollar entfallen 38 Prozent auf die USA mit New York als wichtigstem Standort für die zeitgenössische Kunst. Hier wechselten 119.400 Werke 2022 ihre Besitzer - ein Plus von zwölf Prozent gegenüber 2021 und zehnmal mehr als noch vor zwei Dekaden. Ein dynamisches Wachstum im globalen Kunstmarkt. Lediglich die digitale Variante musste einen Rückgang hinnehmen, die Hochzeit der NFTs scheint vorbei: 2021 wurden mit ihnen 110,5 Millionen Dollar umgesetzt, aktuell sind es noch 60 Millionen. Der japanische Star Takashi Murakami etwa entschuldigte sich angesichts des Preisverfalls seiner „Flower”-NFTs von 260.000 auf 2000 Dollar bei seinen Sammler:innen.  

Seoul und Tokio konkurrieren um die Macht im asiatischen Raum

Dabei macht die zeitgenössische Kunst mit 17,6 Prozent etwa ein Fünftel des Gesamtumsatzes aus, der Markt für unter 40 Jahre alte Künstler:innen gerade mal 2,7 Prozent. Doch um dieses Segment geht es! Mit dabei in diesem neuen, hauptsächlich von Frauen und People of Color geprägten Markt sind die amerikanische Malerin Lucy Bull, Jahrgang 1990, deren Werke regelmäßig den Schätzwert vervierfachten, oder der junge indische Künstler Raghav Babbar.  Dabei entscheidet die wettbewerbsorientierte Dynamik derzeit noch zwischen den Hotspots New York, London und Hongkong. Neue Metropolen wie Tokio, Seoul oder Singapur mischen jedoch ebenfalls mit und wollen wichtig werden: Seoul etwa verbuchte zuletzt ein Wachstum von 344 Prozent beim Umsatz mit zeitgenössischer Auktionskunst. 

Noch erwirtschaftet Großbritannien mit knapp einer halben Milliarde Pfund rund 18 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Auktionen zeitgenössischer Kunst. Auf Frankreich (68 Mio. $) entfallen drei Prozent. In Deutschland sorgten zwar Millionenzuschläge für Gerhard Richter, Georg Baselitz oder Richard Serra bei Ketterer Kunst für Furore, im Berliner Auktionshaus Grisebach erzielte man mit Max Beckmanns Moderne-Gemälde „Selbstbildnis gelb-rosa“ einen absoluten Rekordpreis von 20 Millionen Euro. Dennoch trübt ein Rückgang von rund 15 Prozent bei der Versteigerung von Zeitgenossen die Bilanz. Auch die Dominanz der Nachkriegskunst mit einer international marktbeherrschenden Stellung von Anselm Kiefer, Beuys, Georg Baselitz, Gerhard Richter oder Sigmar Polke wird es angesichts anderer aufstrebender Standorte so schnell nicht wieder geben. Lediglich die Schweiz konnte bei den Zeitgenossen ein prägnant schnelles Wachstum verzeichnen und dürfte auch auch beim spekulativen Art-Flipping aufgrund besonderer Steuer- und Zollvorschriften zukünftig eine herausgehobene Rolle im Markt mit Zeitgenossen spielen.  

Weltweit führend bleiben in diesem Geschehen die angelsächsischen Auktionshäuser mit Christie’s, dass 31 Prozent des weltweiten Umsatzes, nachfolgend Sotheby’s mit 26 Prozent und Philipps mit 14 Prozent im zeitgenössischen Sekundärmarkt umsetzt. Von ihnen wird es letztlich auch abhängen, wo die künftigen Gewinner und Verlierer gemacht werden.

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