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Was machen wir heute?: Ausschwirren

Ausschlafen, frühstücken, Zeitung lesen – was für ein Wochenendvergnügen! Und das drei Tage lang.

Ausschlafen, frühstücken, Zeitung lesen – was für ein Wochenendvergnügen! Und das drei Tage lang. Früher war das ja gute West-Berliner Sitte, dass am Montag keine Zeitung erschien, da konnte man endlich alles nachholen, was man unter der Woche nicht geschafft hatte. Ist gar nicht so lange her. Pfingsten kam ich auf diese Weise in den ausführlichen Genuss gleich mehrerer Interviews mit den Schlecker-Kindern, die die Führung der Drogeriekette von ihrem Vater übernommen haben. Jetzt soll alles besser, humaner und moderner werden. Aber das dauere.

Nun, ich hätte da ein paar konstruktive Blitz-Vorschläge. In meiner Schöneberger Filiale stehen zwei Kassen hintereinander, obwohl seit Jahrzehnten immer nur eine benutzt wird. Beide sind so vollgestellt, dass ungefähr 15 Zentimeter Platz bleibt, um darauf Klopapier, Waschpulver, Sonnenmilch und Zahnpasta zu stapeln, und es der vereinten akrobatischen Künste von Verkäufern und Kunden bedarf, nicht alles zum Absturz zu bringen. Schmeißt doch einfach mal eine Kasse und den ganzen Kram, der auf dem Band steht, raus!

Pfingsten war ich auch zu einem Abendessen eingeladen, auf dem eine amerikanische und eine australische Künstlerin davon schwärmten, wie offen, freundlich und hilfsbereit die Berliner doch seien. Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht und bin ins unbekannte Moabit ausgeschwirrt, wo mich, kaum hatte ich einen Stadtplan ausgeklappt, ein älterer Mann fragte, ob er helfen könne, und später ein jüngerer Mann einen Umweg machte, um mir den Weg besser zeigen zu können. Und dann, in einem garantiert untouristischen Teil von Kreuzberg, haben mir zwei junge Leute, die in einem Bunker elegante Segelflugzeuge bauten, erklärt, wie ich zu der Ausstellung „Who’s afraid of red, yellow and green“ von Hank Schmidt und Lisa Herfeldt komme. Die kann ich wärmstens empfehlen. Und das sage ich nicht nur, weil Lisa meine Nichte ist. Sie müssen sich bloß durchfragen. Ahoi! Susanne Kippenberger

Galerie European Fine Art, Mehringplatz 14, bis 26.6. nach Vereinbarung, Tel. 0179/4858794.

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