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Ein Geistesblitz. Dan Stevens spielt Charles Dickens.

© Humbug Films/Parallel Films

Weihnachtsfilm „Charles Dickens“: Wenn der Dichter Geister sieht

Ein Schriftsteller kämpft mit seinen inneren Dämonen: Bharat Nalluris Kostümfilm „Charles Dickens“ will auf die Weihnachtszeit einstimmen.

Im Kino weihnachtet es alle Jahre früher. Disney brachte das von Lasse Hallström überzuckerte Märchen „Der Nussknacker und die vier Reiche“ schon Anfang November heraus. Der Weihnachts-„Grinch“ startet nächste Woche, dicht gefolgt von der Augsburger Puppenkiste mit einer Marionettenversion von Charles Dickens’ „Weihnachtsgeschichte“. Auch die „Tatort“-Kommissare Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl haben sich die Geschichte von der Läuterung eines Geizhalses zum guten Menschen vorgenommen, als Bühnenstück im Berliner Schillertheater (2.+ 3.12.). Von der Musicalfassung und den Filmklassikern von Bill Murray bis zu den Muppets gar nicht zu reden.

Diese Woche ist Gelegenheit, eine weitere, mit Christopher Plummer kongenial besetzte Scrooge-Saga dazwischenzuschieben. „Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand“ heißt der von Bharat Nalluri inszenierte Kostümfilm, der nicht nur den Inhalt der 1843 unter dem Titel „A Christmas Carol“ erschienenen Story aufgreift, sondern sie mit einer Rahmenhandlung zur Entstehung des Werkes verflechtet. Zu Beginn hält der gefeierte Autor in Amerika Hof, wo er nach dem Erscheinen seines Romans „Oliver Twist“ wie ein Popstar gefeiert wird. Doch daheim in London muss er alsbald in seiner prunkvoll ausstaffierten Villa den Handwerkern ihren Lohn schuldig bleiben. Drei Bücher floppen. Ehefrau Catherine erwartet das fünfte Kind. Die mittellosen Eltern fallen ein. Und als Dickens mit der aus der Not geborenen Idee einer Weihnachtsgeschichte kommt, glauben nicht mal mehr seine Verleger an ihn. Vom stichelnden Kollegen William Thackeray ganz abgesehen.

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Der fröhlich chargierende „Downton Abbey“-Gentleman Dan Stevens spielt den Autor, der trotz seiner Blockaden beschließt, das erbauliche Werk selbst zu verlegen. Doch bis Weihnachten sind nur noch sechs Wochen Zeit. Ein aus diversen Schriftsteller-Biografien bekannter Kampf mit den Dämonen des Schreibens und des eigenen Lebens beginnt. Nur dass diesmal die Fiktion in Gestalt des grimmigen Reichen Ebenezer Scrooge gewissermaßen die Herrschaft über die Realität seines Schöpfers übernimmt. Und ihn nötigt, sich seinen Kindsheitstraumata Armut und Verrat zu stellen.

Das hätte trotz der gut abgehangenen Motive ein spannender Konflikt vor der pittoresken Kulisse des viktorianischen London sein können. Immerhin sind Christopher Plummer als Scrooge und Jonathan Pryce in der Rolle des notorisch verschuldeten Vaters John Dickens hervorragende Sparringspartner. Trotz einiger bemerkenswert düsterer Industrie-Settings der von schreiender sozialer Ungleichheit gezeichneten Zeit, die Dickens in Flashbacks als Kinderarbeiter in einer Fabrik ein zweites Mal erlebt, gerät die sturzbiedere Inszenierung zusehends schmonzettig. Sentiment darf zum Fest gern sein, doch so ein Klischeefeuerwerk halten nur mit Glühwein und Zimtsternen ruhiggestellte Dickens-Fans aus. Dem bescherte seine herzerweichende Fabel tatsächlich ein Happyend. Fünf Tage nach dem Erscheinungstermin war die erste Auflage von „A Christmas Carol“ ausverkauft, Heiligabend 1843.

In sieben Berliner Kinos

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