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Nalan ist auch Teil des Trios Gaddafi Gals.

© Nusa Hernavs

Neues Album von Nalan: Wenn der pinke Riese hinter dir her ist

Der Berliner Musikerin Nalan ist mit „I’m Good. The Crying Tape“ ein starkes R'n'B-Album gelungen, auf dem es um Liebe, Zweifel und Selbstbestärkung geht.

Stand:

„Alles gut!“ – ein Satz, der in letzter Zeit eine erstaunliche Karriere gemacht hat. Man hört ihn ständig, etwa nach Missverständnissen oder Zusammenstößen. Natürlich ist nie „alles“ in Ordnung, denn Sorgen und Krankheiten verschwinden ja nicht plötzlich.

Doch ein unangenehmer Moment wird verscheucht, das soziale Gleichgewicht ins Lot gebracht. „Alles gut“ ist eine perfekte Beschwichtigungsphrase. In Frageform dient sie zudem als Begrüßung. Anders als bei „Wie geht’s?“ kann man darauf aber nicht mit „mittel“ oder „geht so“ antworten. Angemessen sind nur „ja“ oder eben „alles gut!“, womit ein echter Austausch verhindert wird.

Ihre erste EP brachte Nalan unter dem Namen Slimgirl Fat heraus

Mit der Ambivalenz des Wörtchens „gut“ spielt die Berliner Musikerin Nalan Karacagil im Titel ihres gerade erschienenen Albums „I’m Good. The Crying Tape“ (Mansions and Millions). Dass der erste Satz wohl nicht stimmt, deckt der zweite auf. Und trotzdem steht das „Mir geht’s gut“ am Anfang, es überstrahlt das Weinen und beruhigt – die Hörenden, aber sicher auch die Sängerin selbst.

So klingt es jedenfalls im Titelstück „I’m Good“, wenn sie die beiden Worte im Refrain wie in einem Selbstbestärkungsmantra wiederholt. Das „Crying“ aus dem Titel der Platte übernimmt ein sirenenhaft in die Höhe jaulender Synthesizer – toller Effekt. Zur melancholischen Atmosphäre des Stücks tragen außerdem eine breite Bassspur, ein relaxter Beat und eine verhallte Gitarre bei.

„I’m Good“ ist ein früher Höhepunkt des starken Albums, das Nalan Karacagil unter ihrem Vornamen veröffentlicht. Bisher war die 31-Jährige als Slimgirl Fat unterwegs, was weiterhin ihr DJ-Name ist, unter dem sie 2018 auch ihre erste EP „Ugly“ herausbrachte. Bekannter wurde sie mit dem Trio Gaddafi Gals, das vor zwei Jahren sein Debütalbum „Tempel“ veröffentlichte – eine feine Mischung aus innovativem R’n’B und Rap. Nalan kollaborierte hier mit zwei alten Freund*innen aus München, wo sie aufgewachsen ist, die Kunstakademie besucht und schließlich mit dem Musikmachen begonnen hat.

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Bei den Gaddafi Gals ist Nalan für die Gesangsparts zuständig, Blaqtea alias Ebow vor allem für die Raps. Als Produzent und Beatbastler fungiert Walter p99 Arke$tra, der nun bei „I’m Good. The Crying Tape“ wieder mit von der Partie ist. Und so überrascht es wenig, dass dessen Sound in vielerlei Hinsicht an den der Gaddafi Gals anschließt, allerdings fehlt der Sprechgesang. Dafür bekommt Nalans klare Stimme viel Raum, sie wird häufig gedoppelt, mit Echos und Hall versehen, um dann wieder allein hervorzutreten.

[Nalan live: 10.12., 20 Uhr, Monarch Bar, Skalitzer Straße 134, Berlin]

Leicht bebend und voller Sehnsucht hebt sie in „Only Birds Can Tell“ zu sparsamen Klavierakkorden an: „My head’s up in the sky/ I light up/ fires for you/ I keep thinkin of you/ thinkin of you“. Ein Trap-Beat kommt hinzu, das Flackern einer E-Gitarre begleitet die Bridge, in der Nalan eine Reihe von Fragen stellt. Ein Stilmittel, das immer wieder auftaucht und gut zum träumerisch-tastenden Ton der Platte passt. Es geht um eine Liebe, die offenbar keine einfache ist, weil da stets diese Zweifel durch den Kopf geistern. Nicht immer hilft das „Alles gut“-Mantra.

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So wird etwa zu Beginn von „Falling 4 You“ über einem schnellen 90s-Breakbeat die Nähe zu einer anderen Person besungen, doch dann heißt es „Ma bittersweet/ Is talkin to me/ All the time/ I’m here with all my ups and downs/ And all my crime“.

An anderer Stelle ist von einem pinken Riesen die Rede, der hinter der Sängerin herrennt, dann wieder von nassgeweinten Kissen. „Bed Of Tears“ heißt dieses Stück, das zu den besten der Platte gehört und ein wenig nach einer Timbaland-Produktion aus den nuller Jahren klingt, auf der die britische Sängerin Jessie Ware singt.

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Ein gewisser Retro-Charme durchweht das gesamte größtenteils während des ersten Corona-Lockdowns entstandene Album. Man merkt, dass Nalan und Walter p99 Arke$tra mit dem R’n’B und Hip- Hop der Neunziger aufgewachsen sind. Wobei sie nie in Nostalgie versinken, sondern einen stimmigen eigenen Zugang gefunden haben.

Mit dem letzten Stück „Son Kez“ machen sie nochmal eine neue Tür auf: Hier singt Nalan auf Türkisch, der Sprache ihrer Eltern, und beschreibt mit großer Eindringlichkeit das titelgebende „letzte Mal“. Ende nicht gut, aber Album sehr wohl.

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