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Kultur: Witz und Stille

Nachdem Klaus Wowereit sich mit dem berühmten "gut so"-Satz geoutet hatte, gab es aus der konservativen Ecke einige beleidigte Kommentare. Das Outing sei ein PR-Gag, hieß es.

Nachdem Klaus Wowereit sich mit dem berühmten "gut so"-Satz geoutet hatte, gab es aus der konservativen Ecke einige beleidigte Kommentare. Das Outing sei ein PR-Gag, hieß es. Wowereit habe sich nicht zu schützen versucht, er wolle lediglich bekannt werden. In Deutschland gäbe es keine nennenswerten Vorurteile oder Diskriminierungen gegen Homosexuelle mehr.

Das Outing wirkte wie ein Schuss in der Kathedrale, danach war es erst einmal still. In Günther Jauchs neuer Show (zehn Millionen Zuschauer) erzählte jetzt der als Gast geladene Steinzeitmoderator Rudi Carrell einen Schwulenwitz über den Berliner Bürgermeister. Der Witz war sehr lang und von der Art, dass ihn nicht einmal die "Bild"-Zeitung in ihrer Berichterstattung wiederholen wollte. "Bild" reagierte empört ("Wie geschmacklos!"). Auch im Saal empfand man Carrells Performance als peinlich, das spürte man sogar am Fernseher, während Jauch sich unter Qualen auf seinem Hocker wand. Für die Restkarriere des alten Rudi war es wohl ein schwarzer Tag, auch wenn er sich gleich am nächsten Tag entschuldigt hat, mit dem Hinweis, er habe den gleichen Witz schon vor 30 Jahren einmal im Fernsehen erzählt. Die Zeiten ändern sich.

Dass es einerseits die gesellschaftlichen Benimmregeln gibt (liberal, politisch korrekt), andererseits die Sinnebene Bierzelt, wusste man ja. Von den Medien, auch denen, die ihm politisch fernstehen, wird Wowereits Privatleben im Großen und Ganzen fair behandelt. Den unveröffentlichten Rest muss man sich aber immer dazu denken. Die Kommentatoren von damals haben sich also geirrt, Wowereit hat mit seinem Outing keine offenen Türen eingerannt. Wenn er den "gut so"-Satz nicht gesagt hätte, wäre ihm Carrell erspart geblieben. Die anderen homosexuellen Politiker werden sich gut überlegen, ob sie es Wowereit nachtun.

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