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Ein Blick in die neu eröffnete Kunsthalle Rostock.

© Nikolaus Bernau

Zur Wiedereröffnung der Kunsthalle Rostock: Über die Wurzeln und in die Moderne

Ein Architektur- und Ausstellungserlebnis: Nach dreijähriger Sanierung erstrahlt die Kunsthalle Rostock in neuem Glanz. Sie gilt als bedeutendster Museumsbau der DDR.

Stand:

Die DDR hat kaum eine Handvoll Museumsneubauten errichtet, obwohl sie eine überaus aktive Museumspolitik betrieb. Der künstlerisch bedeutendste unter ihnen ist sicherlich die 1969 eingeweihte Kunsthalle in Rostock, entworfen seit 1964 von Hans Fleischauer und Martin Halwass nach Vorstudien von Erich Kaufmann. Drei Jahre dauerte jetzt die Sanierung nach den Plänen des Rostocker Architekturbüros Maik Buttler durch die städtische Baugesellschaft Rostocks KOE, am Wochenende nahm das Publikum das Haus wieder in Besitz.

Die erste Ausstellung zeigt einen durchweg klug, oft geradezu witzig gehängten Querschnitt durch die Sammlungen der Kunsthalle mit ihren Schwerpunkten in der Kunst der DDR, Künstlern der Moderne aus Nordostdeutschland sowie Skandinavien, die seit den 1960er-Jahren während der Ostsee-Biennale erworben werden konnten. Schon das ist schlichtweg großartig. Doch die größte Überraschung ist die neu gewonnene Kunsthalle selbst. Ein Projekt, für das gerade einmal zehn Millionen Euro zur Verfügung standen. Und selbst die konnten nur dank der Hilfe der Europäischen Union aufgebracht werden, die mit 4, 14 Millionen Euro knapp bezahlte.

Das Haus liegt am Rand des frühjahrsbunten Schwanenteich-Parks und kondensiert viele Ideen, die für den Museumsbau der Zweiten Nachkriegsmoderne international charakteristisch waren: Die Lage in einem Garten und nahe von Wohnvierteln; die Transparenz, wenn man etwa durch die Scheiben des einstigen Skulpturen- und heutigen Veranstaltungsaals tief bis in den strahlend weißen Innenhof blicken kann; Säle mit klarem Oberlicht; die verglaste Zugangstür; die Klinker- und Holzböden; das Cafe mit direktem Zugang zum Blumengarten.

Blick über den Schwanenteich

Vieles davon wurde bei dem tief in die Baustruktur eingreifenden Projekt erhalten, obwohl die Außenansicht einen erheblichen Eingriff erlitt: Die Obergeschossfassade mit den sorgsam gereinigten Reliefplatten aus geweißtem Beton wurde nämlich etwa 20 Zentimeter aufgedoppelt, um sie besser isolieren zu können. Sie ragt jetzt gerade aus der Nähe ärgerlich sichtbar vor. Schon vor einigen Jahren hat die Bauverwaltung zudem spitzelig wirkende Oberlichter auf den Kunsthallen-Kubus aufgesetzt, was auch den klassischen Postkartenblick über den Schwanenteich auf den Kunsthallenkubus sehr veränderte.

An anderen Stellen konnte sich die Denkmalpflege besser durchsetzen: So sind die Fußböden im Hauptgeschoss wieder mit Kiefernholz belegt, die im Obergeschoss mit würfelförmig gemustertem Parkett. Im Skulpturensaal und im Foyer wurden wieder Klinkersteine verlegt, dessen raue Betondecke blieb sichtbar, die Aufzugsanlage verschwand in einem Nebengelass, die um das Treppenhaus eingezogenen Glaswände im Obergeschoss fallen kaum auf. Sogar die Aufteilung der Oberlichtdecken orientiert sich Grosso Modo an der Glasdecke, die dort 1969 eingebracht worden war. Das Licht ist nun allerdings gleißend hell – kann aber vollständig verdunkelt werden, damit empfindliche Objekte gezeigt werden können.

Die originale Glasdecke wurde allerdings zerstört, angeblich aus bau- und isoliertechnischen Gründen. Mag sein. Verloren ging damit aber auch ein für die DDR überaus charakteristisches Denkmal der Technik-, Kultur- und Museumsgeschichte, hergestellt aus Glasplatten, die für den Stallbau entwickelt worden waren. Die Kunsthalle war eben auch ein Produkt der Mangelwirtschaft der DDR – und gerade dieser so wichtige Aspekt wurde nun wegsaniert.

Ebenso übrigens die enge Bindung an die Werften Rostocks, wo so manches zierlich geschmiedete Fenstergitter entstand. Sie sind jetzt in einem Pavillonartigen Kunstwerk von Andrea Pichel wieder verwendet worden, das bald gold glänzend in einer Ecke zwischen der alten Kunsthalle und ihrem Erweiterungsbau, dem Schaudepot, stehen soll. Man kann das als ironische Verfremdung sehen - oder als Denkmal einer Entfremdung von den industriellen Wurzeln, die die Kunsthalle eben auch geprägt haben.

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