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Cynthia Erivo und Ariana Grande in „Wicked: Teil Zwei“

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Zweiter Teil von „Wicked“ im Kino: Dem Finale der Hexen-Saga fehlt die Magie

In „Wicked: Teil Zwei“ liefert Regisseur Jon M. Chu wieder jede Menge Musical-Bombast – und die Oscar-Chancen für Ariana Grande stehen gut.

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Manchmal stehen die Sterne günstig, die ganze Welt scheint wie verzaubert und es kommt zu einem magischen Popkultur-Moment. So einer war die Pressetour für „Wicked“ vergangenes Jahr definitiv. Die beiden Stars des Films, Ariana Grande und Cynthia Erivo, brachen in einem Interview nach dem nächsten in Tränen aus und schwärmten mit dem heiligen Ernst zweier Theater Kids von den Rollen ihres Lebens – Ariana Grande hat „Wicked“ bereits als Zehnjährige in der Original-Broadway-Besetzung gesehen und ist seitdem Fan.

Das Tollste an dem Spektakel aber war, dass der Film dem enormen Hype standhalten konnte. Er lieferte ab an den Kinokassen, holte langjährige „Wicked“-Stans genauso ab wie Neuankömmlinge in Oz und konnte zehn Oscar-Nominierungen einheimsen. In den Kategorien Kostüme und Szenenbild gab es den verdienten Sieg, jeder Einstellung des zweieinhalbstündigen Epos merkte man die große Liebe aller Beteiligten zum Projekt „Wicked“ an.

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Das Problem mit magischen Momenten allerdings ist, dass sie sich nur schwer wiederholen lassen. Grande, Erivo und Co. machten in diesem Herbst erneut fleißig Promo für den zweiten Teil von „Wicked“. Doch statt tränenreicher Interviews war die größte Headline, dass Ariana Grande bei der Premiere in Singapur auf dem roten Teppich von einem Fan attackiert wurde.

Der Zauber hat sich ein wenig abgenutzt, und dasselbe lässt sich über „Wicked: Teil 2“, wie „Wicked: For Good“ im Deutschen recht unromantisch betitelt ist, sagen. Damit hält sich Regisseur Jon M. Chu immerhin akribisch an die Musical-Vorlage: Dessen zweiter Akt gilt ebenfalls als deutlich schwächer, geplagt von wahnsinnig viel, oft recht inkohärentem Plot, der abgehandelt werden muss, in Kombination mit deutlich weniger Hits.

Ihre Oscar-Chancen stehen gut: Ariana Grande als Glinda.

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„Wicked“-Komponist Stephen Schwartz war sich des Problems offenbar bewusst und hat eigens zwei neue Songs für den Film kreiert: Cynthia Ervios Elphaba besingt in „No Place Like Home“ die zwiespältige Liebe zu ihrer Heimatland Oz, Ariana Grandes Glinda verarbeitet in „The Girl in the Bubble” ihre Identitätskrise als „gute“ Hexe, die positive Inspirationsfigur für die Bewohner von Oz ist, ihnen aber eigentlich nur etwas vorspielt.

Die Songs bieten eine Gelegenheit für Erivo und Grande, abermals ihre eindrucksvollen Stimmen zu präsentieren, sind aber wahrlich kein neues „Defying Gravity“. So bleibt die Selbstbehauptungshymne, die den ersten Film abgeschlossen hat, der Höhepunkt von „Wicked“, was für die Dramaturgie dieses zweiten Films natürlich nicht gerade vorteilhaft ist.

In seinem eigenen Film: Jeff Goldblum als Zauberer von Oz.

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Im ersten Teil der Geschichte, die auf einem Roman von Gregory Maguire basiert und Prequel zum berühmten „Zauberer von Oz“ ist, haben wir die grünhäutige Hexe Elphaba kennengelernt, die sich auf der Zauber-Uni mit der beliebten und sehr blonden Glinda anfreundet.

Beim Treffen mit dem Zauberer von Oz müssen die jungen Hexen feststellen, dass der ein Betrüger ohne echte Kräfte ist, noch dazu despotische Tendenzen hat und die sprechenden Tiere in Oz unterjocht. Elphaba wendet sich entsetzt ab, während Glinda der Versuchung erliegt, offiziell zu einer Art Maskottchen der Regierung ernannt zu werden und sich bejubeln zu lassen.

Die Chemie stimmt nicht

Mehrere Jahre sind seitdem vergangen und einige Charaktere haben in dieser Zeit offenbar einen kompletten Persönlichkeitswechsel vollzogen. Der charismatische Prinz Fiyero (Jonathan Bailey) etwa, für den sowohl Glinda als auch Elphaba Gefühle hegen, ist vom Bonvivant zum todernsten tragischen Helden mutiert.

Bailey schien mehr Spaß in der Rolle zu haben, als er noch unbeschwert durchs Leben tanzen durfte und die Chemie zwischen ihm und Erivo, als sich die beiden Verliebten endlich in die Arme schließen, ist nicht gerade elektrisch – liegt aber vielleicht auch an der Altersbeschränkung von 12 Jahren.

Verliebt: Elphaba (Cynthia Erivo) und Fiyero (Jonathan Bailey).

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Überhaupt ist wenig Platz für Humor, Leichtigkeit und Albernheit wie noch im ersten Teil, der Vibe ist deutlich düsterer angesichts der Gewaltherrschaft des Zauberers und der intriganten Madame Akaber (Michelle Yeoh). Regisseur Jon M. Chu setzt erneut auf maximalen Bombast, was Kulisse und Special Effects angeht, die Kamera von Alice Brooks wirbelt unablässig wild durch die Luft und irgendwann wünscht man sich nichts sehnlicher als einen Moment der Ruhe und emotionalen Verbindung zu den Charakteren.

Der Film gehört Ariana Grande

Denn die sind durchaus vielschichtig. Jeff Goldblum ist toll als fehlgeleiteter, aber doch irgendwie liebenswerter Zauberer von Oz. Erivo spielt erneut stark auf als „böse“ Hexe, insbesondere, wenn sie Songs wie „No Good Deed“ schmettern darf und sich kurzzeitig wirklich der dunklen Seite der Macht zuwendet.

Der Film aber gehört Ariana Grande, die bereits im ersten Teil eine herausragende komödiantische Performance ablieferte und die jetzt nuanciert die Transformation ihrer Glinda von einer ruhmsüchtigen Blenderin zu einer wahrhaft gutherzigen Herrscherin darstellt – Grandes Oscar-Chancen stehen gut.

Herzstück von „Wicked“ ist die Freundschaft zwischen den beiden so ungleichen Frauen, und es ist die größte Schwäche des zweiten Teils, dass sie so wenige gemeinsame Szenen haben. Denn immer, wenn Erivo und Grande vor der Kamera zusammenkommen, entstehen sie wieder, die magischen Momente. Ihr Schlussduett „For Good“ ist eindrücklicher als sämtliche fliegende Affen, die einem davor um die Ohren gesegelt sind.

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