Meinung: … Amerika
Diese Tapferkeit! Lächelnd vor der ganzen Nation über ihr schleichendes Todesurteil zu sprechen.
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Diese Tapferkeit! Lächelnd vor der ganzen Nation über ihr schleichendes Todesurteil zu sprechen. Elizabeth Edwards war schon immer ein starker Mensch. Doch was die 57-jährige Frau des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers John Edwards dieser Tage vollbringt, macht sie zu einer Nationalheldin. Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern treten Tränen des Mitgefühls in die Augen. Und sie bewundern ihren Kampfgeist. Ihr Krebs ist zurück. „Unheilbar“, wie die beiden in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannten. Aber behandelbar. „Ich habe nicht vor, mein Leben zu ändern“, sagt sie. Und: Seine Bewerbung um das höchste Staatsamt aufgeben? Kein Gedanke. Jetzt erst recht nicht. Sie sind ein kampferprobtes Paar.
Am 3. November 2004 war ihr Brustkarzinom erstmals diagnostiziert worden – am selben Tag, an dem John F. Kerry und ihr Mann die Niederlage in der Präsidentenwahl gegen das amtierende Gespann Bush/Cheney eingestehen mussten. Den ersten Knoten hatte sie, wie sie später erzählte, mitten in der Kampagne in Wisconsin entdeckt. Elizabeth nahm auch diesen Kampf an und besiegte die Krankheit – so sah es zumindest aus. Sie schrieb einen Bestseller über die Kraft und den Trost, die sie bei Familie und Freunden gefunden hatte. Die holten sie ins Leben zurück – wie 1996, als ihr Erstgeborener Wade, damals 16, mit dem Auto verunglückt war. Das Paar entschied sich, nochmals Kinder zu haben. Sie war schwanger, während John in South Carolina Wahlkampf um den Senatssitz führte. Er gewann.
Ist es nicht unmenschlich, was sie und er sich jetzt abverlangen, um der Politik willen? In die Kameras sagen, dass „es nicht gut aussieht“, auf derselben Hotelterrasse in Chapel Hill, wo sie vor 30 Jahren ihre Hochzeit gefeiert haben. In der Zeitung lesen, dass die Chancen, mit ihrer Diagnose, der Metastasierung in Knochen und Lunge, die nächsten fünf Jahre zu überleben, „unter 30 Prozent“ liegen. Und noch um Verständnis bitten, dass sie es zwei Tage geheimgehalten haben, um erst mit den Kindern zu reden und der verstreuten Familie, damit die es nicht aus den Medien erfahren.
Doch sie ist jetzt ein Vorbild für Millionen Krebskranke, die weniger Kraft haben, die an ihrem Schicksal verzweifeln. „Mich in die Ecke setzen und heulen, das passt nicht zu mir“, sagt sie. Sie wird mit ihm Wahlkampf führen. Er hat versprochen, abzubrechen, „wenn Elizabeth mich braucht“. Wer, wenn nicht sie, kann zu den „unter 30 Prozent“ gehören, die mit starkem Willen und Kampfgeist noch Jahre leben?
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