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Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln.

© dpa/Oliver Berg

AfD-Gutachten bleibt unter Verschluss: Der Verfassungsschutz muss aufhören, ein Geheimdienst zu sein

Unzählige Politiker-Aussagen sollen belegen, warum die AfD verfassungswidrig sein soll. Es ist der Job des Bundesamts, das öffentlich zu machen – eher früher als später

Jost Müller-Neuhof
Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Stand:

Weder ist es ein Sieg für die AfD noch eine Niederlage des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), dass der Inlandsgeheimdienst seine Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ vorerst wieder zurücknehmen muss.

Die AfD klagt gegen die Einstufung, verbunden mit einem Eilantrag. Die „Stillhaltezusage“ des BfV soll ihre Rechte sichern, bis das Gericht über ihr Vorbringen entschieden hat.

Das ist nur fair. Die Hochstufung vom Verdachtsfall zur „gesichert“ verfassungswidrigen Partei ist ein Eingriff in den politischen Wettbewerb. Hätte das BfV nicht von sich aus erklärt, stillzuhalten, wäre es voraussichtlich vom zuständigen Kölner Verwaltungsgericht dazu verpflichtet worden.

Auffällig ist, dass das mehr als tausend Seiten umfassende Gutachten zur Einstufung längst unter Medien kursiert. Ein „Leak“?

Jost Müller-Neuhof, Rechtspolitischer Korrespondent

Ohnehin ist die Warnung in der Welt: Unser Verdacht hat sich bestätigt, so die Botschaft des Verfassungsschutzes. Der Zeitpunkt war klug gewählt. Kurz vor dem Regierungswechsel, mit einer nur noch geschäftsführend tätigen Bundesinnenministerin, die sich, obgleich sie die Rechts- und Fachaufsicht für das BfV hat, aus allem herausgehalten haben will.

Der beabsichtigte Eindruck: Hier hat eine Behörde autonom entschieden, ohne politischen Einfluss aus der Spitze. Ob das so stimmt, wissen bisher nur Eingeweihte.

Auffällig ist, dass das mehr als tausend Seiten umfassende Gutachten zur Einstufung längst unter Medien kursiert. Ein „Leak“? Man wird den beteiligten Behörden kaum zu nahe treten, wenn man vermutet, dass zumindest ein Interesse besteht, es kursieren zu lassen. Ähnlich lief es bei der „Verdachtsfall“-Einstufung.

Verfassungswidrige Bestrebungen festzustellen, zu beobachten und vor allem öffentlich zu machen, das ist der gesetzliche Auftrag des Kölner Bundesamts. Deshalb sollten zeitnah die Belege auf den Tisch – ganz offiziell.

Die amtlichen Ausreden ziehen nicht. Hieß es erst, es würden bei Veröffentlichung Rückschlüsse auf geheimdienstliche Arbeitsweisen publik, kommt die Behörde jetzt mit der „Stillhaltezusage“ und dem Schutz des Gerichtsverfahrens.

Nichts davon hindert das Bundesamt, jedenfalls einen Großteil seiner Stoffsammlung zur AfD öffentlich zu machen. Seitdem die Partei offiziell zum Fall erklärt wurde, ist der Verfassungsschutz unmittelbar Teil der politischen Diskussion. Er muss nicht nur vor Gericht für sein Vorgehen geradestehen, sondern vor der Öffentlichkeit.

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