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AfD-Chef Bernd Lucke.

© dpa

Alternative für Deutschland: Die AfD will keine Anti-Euro-Partei mehr sein

Mit „Mut zu D-EU-tschland“: Die Alternative für Deutschland will keine Anti-Euro-Partei mehr sein. Denn ihrem Gründungsthema traut sie nicht mehr viel zu.

Den Euro erwähnte bei der Anti-Euro-Partei fast niemand mehr. Parteichef Bernd Lucke empörte sich beim Europawahlparteitag der „Alternative für Deutschland“ über dies und das – über abgehalfterte „Altparteien“ und das falsche Pathos von „Berufseuropäern“. Am Ende aber blieben vor allem zwei Dinge hängen: Der Wahlslogan „Mut zu D-EU-tschland“. Und die Tatsache, dass die AfD ihrem Gründungsthema nicht mehr viel zutraut. Als gediegene Professorenpartei, die einen volkswirtschaftlichen Glaubenskrieg gewinnen will, hat sie wohl ausgedient.

Der Weg zur rechtskonservativen Protestpartei steht der AfD aber auch nicht so offen, wie Lucke sich das wünscht. Dass Horst Seehofers CSU mit ihrem Slogan „Wer betrügt, der fliegt“ viel klarer aussprach, was auch die AfD auf ihren hinteren Programmseiten verlangt, hat die Partei kalt erwischt. Außerdem ist die AfD längst keine unbekümmerte Partei mehr – deshalb liegen auch all jene falsch, die ihr pauschal einen Hang zum Rechtsextremismus unterstellen. Im Kern bleibt sie eine sehr deutsche Partei. Vergleiche mit der britischen Anti-Europa-Partei „Ukip“ zum Beispiel werden von Lucke strikt abgelehnt. Auch der vom Parteichef durchgedrückte Slogan ist in seiner ganzen Verrenktheit ein gutes Symbol dafür. Da wird „Mut zu Deutschland“ als Ziel proklamiert – und gleichzeitig von den Wählern eingefordert.

Dabei kann man schon über die Grundthese streiten. Kostet es tatsächlich so viel Überwindung, sich zu Deutschland zu bekennen? Hat das etwas mit uns zu tun, mit dem Ausland, mit der Geschichte? Schaut man sich die vielen Deutschlandfahnen bei jeder EM und WM an, dann wirkt der Slogan merkwürdig aus der Zeit gefallen. Angela Merkels Deutschland ist nicht mehr die Bundesrepublik der 80er Jahre, die sich allenfalls zum Verfassungspatriotismus bekennen konnte. Und sollte die AfD tatsächlich an eine Art kollektive Gehemmtheit glauben, hat sie durch die Verwendung der Europasterne, die die Buchstaben „EU“ umkreisen, selbst wenig Mut bewiesen.

Jedenfalls hat die AfD auf ihrem Parteitag unter Beweis gestellt, dass es eine deutsche Partei, die die Struktur der EU infrage stellt, ohne gleichzeitig den Vorwurf der Deutschtümelei ausgesetzt zu sein, womöglich nie geben wird. Das hat weniger mit den „Medien und Altparteien“ zu tun, die Lucke in einem Atemzug nennt. Sondern mit der Art und Weise, wie der Parteichef und viele seiner Mitstreiter in den vergangenen Monaten Politik gemacht haben. Sie konnten der taktischen Versuchung nicht widerstehen, ein wie auch immer geartetes Protestpotenzial rechts der Union anzusprechen – ohne zu wissen, wie groß dieses überhaupt ist. Gerade die von Lucke so gerne angesprochenen „Wertkonservativen“ haben aber ein durchaus feines Sensorium dafür, ob seriöse Politik gemacht wird. Und in dieser Hinsicht bleibt die AfD einstweilen ein unsicherer Kantonist.

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