Wahlen in Russland: Aus Angst vor den Bürgern
Die Machthaber in Russland wollten bei dieser Parlamentswahl nichts dem Zufall überlassen – schon gar nicht das Ergebnis. Arbeitgeber machten Druck auf Mitarbeiter, selbst in Grundschulen wurde hemmungslos Werbung für die Regierungspartei Einiges Russland gemacht, und an manchen Orten wurde für das Kreuz an der richtigen Stelle sogar Geld versprochen.
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Die Machthaber in Russland wollten bei dieser Parlamentswahl nichts dem Zufall überlassen – schon gar nicht das Ergebnis. Arbeitgeber machten Druck auf Mitarbeiter, selbst in Grundschulen wurde hemmungslos Werbung für die Regierungspartei Einiges Russland gemacht, und an manchen Orten wurde für das Kreuz an der richtigen Stelle sogar Geld versprochen. Das alles ist nicht unbedingt neu in Russland. Doch am Wahltag wurde deutlich, dass das Land eine neue Stufe der Repression erreicht hat. Zwanzig Jahre nach dem Ende der Sowjetunion scheint Moskau auf dem Weg zurück in die Vergangenheit. Hunderttausende Sicherheitskräfte waren im Einsatz, um Demonstrationen im Keim zu ersticken. Wahlbeobachter wurden schikaniert, die Internetseiten von oppositionellen Medien durch massive Angriffe lahmgelegt. Dabei schien es an diesem Tag doch nur um die Frage zu gehen, ob Einiges Russland die Zwei-Drittel-Mehrheit halten kann (das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor).
All das zeigt, dass sich Noch-Premier Wladimir Putin und Noch-Präsident Dmitri Medwedew der Zustimmung der Bürger nicht mehr sicher sind. Ihr geplanter Ämtertausch wurde in der Bevölkerung keineswegs begeistert aufgenommen. Das Land ist nicht mehr das Russland aus der ersten und zweiten Präsidentschaft Putins. Die Wahlen haben gezeigt, dass diesmal nicht nur die üblichen Verdächtigen – eine kleine Gruppe Oppositioneller und Bürgerrechtler – gegen undemokratische Strukturen aufbegehren. Tausende Wahlbeobachter waren im ganzen Land unterwegs, um Unregelmäßigkeiten zu dokumentieren. In der Zivilgesellschaft ist etwas in Bewegung geraten – genau das macht den Politstrategen in Moskau Angst. Sie wollen weder eine farbige Revolution wie in der Ukraine noch ein Szenario nach dem Vorbild des Arabischen Frühlings. Doch je mehr Russlands Führung auf Manipulationen und Schikane setzt, um ihre Macht zu sichern, desto stärker bringt sie die Bürger gegen sich auf. Von Stabilität kann im heutigen Russland keine Rede sein, von Demokratie schon gar nicht.
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