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Meinung: Banken wie das Land

Träge und unbeweglich: Die Finanzwirtschaft schreit in der Krise nach dem Staat

Suchen Sie eine billige Bank? Bitte schön: Die Aktie der Commerzbank ist an der Börse zurzeit für knapp sechs Euro zu haben. Das Papier der Bayerischen Hypo-Vereinsbank kostet Sie nur rund zehn Euro. Und die Deutsche Bank ist mit rund 36 Euro pro Aktie so preiswert wie seit fünf Jahren nicht mehr. Sie mögen trotz dieser Rabatte nicht zugreifen? Das ist verständlich.

Die Kurse bieten keinen Kaufanreiz, weil nicht mehr die Chancen, sondern nur noch die Risiken der Finanzbranche wahrgenommen werden. Denn in Deutschland geht die Angst vor einer Bankenkrise um. Und wenn es stimmt, dass an der Börse auch Hoffnungen gehandelt werden, dann verheißt das Bewertungsniveau nichts Gutes. Es ist ein jämmerliches Bild, das der auf seinen guten Ruf bedachte Wirtschaftszweig derzeit bietet. Und die Vorstände der Großbanken tun wenig, um den Imageschaden zu begrenzen.

Im Gegenteil. Am Dienstag wurde gegen den Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, Anklage wegen Untreue in einem besonders schweren Fall erhoben: Ackermann habe als Mannesmann-Aufsichtsrat bei der milliardenschweren Übernahme durch Vodafone die Selbstbedienung im Vorstand gedeckt und überhöhten Abfindungen für scheidende Mannesmann-Manager zugestimmt. Zu Lasten des Unternehmens.

Das passt ins trübe Bild. Ackermann & Co. baden jetzt an der Börse und vor den Gerichten aus, was sie im Boom der Jahre 1999 und 2000 und danach fahrlässig gebilligt oder aktiv betrieben haben: die größenwahnsinnige Expansion, eine überzogene Vergütung von Vorständen und der naive Glaube an den ewigen Aufschwung. Zwar geht das auch anderen Branchen so. Erstaunlich ist allerdings, mit welcher Ungeschicklichkeit die Banker versuchen, einen Weg aus ihrer Misere zu finden. Für einen Höhepunkt der Hilflosigkeit sorgte ebenfalls Josef Ackermann, als er beim Kanzler staatliche Rückendeckung für die privaten Banken einwarb. Das erinnert nicht an die smarten Geldvermehrer der späten 90er Jahre, die von den Deutschen lautstark mehr Risikobereitschaft und Eigenverantwortung forderten. Vielmehr scheint auf die Banken im Moment das zuzutreffen, was deren Manager seit Jahren der Politik attestieren: träge und reformunfähig zu sein.

Blockiert von Einzelinteressen und dem Schock, viel zu spät mit dem Nötigen angefangen zu haben, laufen auch die Banken Gefahr, sich auf Nebenschauplätzen zu verzetteln und das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Statt zum Beispiel die intakten Strukturen der Deutschland AG mit ihren wechselseitigen Beteiligungen und handzahmen Aufsichtsräten aufzubrechen, verkämpfen sich die Großbanken bei der Frage, ob mehr Verbraucherschutz den Dispokredit gefährdet. Oder sie beklagen die – gewiss zu hohe – Steuerlast in Deutschland, um sodann die Steuerzahler um Mithilfe bei der Bewältigung von Kreditrisiken zu bitten. Oder sie schieben die Schuld den Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu, die 80 Prozent des Marktes dominieren.

Zugegeben, einen Befreiungsschlag, der alle Probleme auf einmal löst, wird es nicht geben. Denn die Banken kämpfen an vielen Fronten: Kredite fallen aus, weil immer mehr Unternehmen zahlungsunfähig sind. Beteiligungen müssen abgeschrieben werden, weil sie zu teuer eingekauft wurden. Aktienbestände werden wertberichtigt, weil die Kurse abgestürzt sind. Im aufgeblähten Filialnetz explodieren die Kosten. Und im Investmentbanking brechen die Erträge ein.

Trotz Massenentlassungen und Filialschließungen wartet da noch viel Arbeit. Doch die Banker-Elite macht nicht den Eindruck, als wolle sie morgen die Ärmel hochkrempeln. Untätigkeit aber könnte sich böse rächen: Fallen die Kurse weiter, sind nicht nur die Aktien, sondern bald auch die deutschen Banken selbst zum Schnäppchenpreis zu haben. Das wird zwar nicht die Priavtanleger umstimmen. Aber es wird europäischen Wettbewerbern gefallen, die im Frankfurter Bankenviertel gern als neue Eigentümer einer deutschen Großbank einziehen würden.

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