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PORTRÄT AYDAN ÖZOGUZ SPD-VIZEVORSITZENDE:: „Das Amt ist eine symbolische Geste“

Die Migrantenquote der SPD hat sich in gerade mal sieben Monaten als Mehrzweckwaffe erwiesen. Im Mai wurde sie erfunden, um den soeben vermasselten Parteiausschluss Thilo Sarrazins vergessen zu machen – und weil man gemerkt hatte, dass ausgerechnet die SPD, seit je Partei der Wahl für viele türkische Migranten, in den eigenen Reihen davon wenig merken ließ.

Stand:

Die Migrantenquote der SPD hat sich in gerade mal sieben Monaten als Mehrzweckwaffe erwiesen. Im Mai wurde sie erfunden, um den soeben vermasselten Parteiausschluss Thilo Sarrazins vergessen zu machen – und weil man gemerkt hatte, dass ausgerechnet die SPD, seit je Partei der Wahl für viele türkische Migranten, in den eigenen Reihen davon wenig merken ließ. Die CDU war schneller und machte Aygül Özkan zur ersten deutschen Ministerin türkischer Herkunft. Inzwischen erweist Gabriels Quote aber auch ihren Nutzen, um der Frauenquote etwas aufzuhelfen. So ist Dilek Kolat seit wenigen Tagen nicht nur Berlins erste Senatorin mit türkischen Wurzeln; sie hat auch die Zahl der Senatorinnen auf SPD-Seite sensationell auf zwei verdoppelt. Und in Stuttgart führt bereits seit Mai Bilkay Öney ihr Integrationsministerium.

Nun also Aydan Özoguz. Den Anteil der Frauen unter Sigmar Gabriels Vizes hebt Özoguz gar auf 60 Prozent. Und jenen Migrantenanteil, den der alte und neue Parteichef im Mai durchdrückte – 15 Prozent in den SPD-Bundesgremien – gibt es durch ihre Wahl am Montag überhaupt erst im Parteivorstand. Nach Cem Özdemir, dem Chef der Grünen, die vor Migranten nie Karrierehürden aufbauten, ist sie die erste Migrantin überhaupt in der Führung einer deutschen Partei. Eine Blitzkarriere für Özoguz, die erst 2004, fünf Jahre nach ihrer Einbürgerung, in die SPD eintrat und schon weitere fünf Jahre später in den Bundestag einzog.

Ein Gastarbeiterkind ist Özoguz, die 1967 in Finkenau bei Hamburg geboren wurde, nicht; ihr Vater ist Kaufmann. In der Hansestadt, wo auch der Sozialismus Nadelstreifen trägt, eine fast perfekte Herkunft. Sie könnte auch perfekt für Özoguz’ neue Rolle werden. Die studierte Anglistin, die am Wort „Migrationshintergrund“ nicht mag, dass es unausgesprochen Armut und Bildungsferne meint, kann da als lebender Gegenbeweis antreten. Dass eine Bildungskarriere nicht gegen rassistische Angriffe hilft, weiß sie ohnehin.

Als Integrationsbeauftragte der SPD-Fraktion blieb die Mutter einer achtjährigen Tochter – Vater ist Hamburgs Innensenator Michael Neumann – bisher unauffällig. Aber sie weiß sich zu wehren: Als man ihr ihre Brüder vorhielt, die eine islamistische Website betreiben, zeigte sie deutlich, dass sie etwas gegen „Sippenhaft“ habe. Vielleicht hat Aydan Özoguz den Nichttürken ja noch ein paar weitere Lektionen über „türkische Sippen“ zu erteilen. Andrea Dernbach

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