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Richter stoppen Wahlcomputer: Das Herz der Demokratie

Nur selten befasst sich ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht so direkt mit dem schlagenden Herzen der Demokratie wie bei der Verhandlung und dem Urteil über die Zulässigkeit von Wahlcomputern. Zur res publica, zur öffentlichen Sache, gehört, dass Wahlen nicht manipuliert werden dürfen und dass ihr Ergebnis nachvollziehbar sein muss.

Nur selten befasst sich ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht so direkt mit dem schlagenden Herzen der Demokratie wie bei der Verhandlung und dem Urteil über die Zulässigkeit von Wahlcomputern. Zur res publica, zur öffentlichen Sache, gehört, dass Wahlen nicht manipuliert werden dürfen und dass ihr Ergebnis nachvollziehbar sein muss. Diese fundamentale Regel ist durch den Einsatz von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 verletzt worden, lautet nun das Votum der obersten Richter. Denn weder war eine Veränderung der Ergebnisse durch Eingriffe in die Elektronik oder deren Fehlfunktion ausgeschlossen, noch konnte der dem offiziellen Ergebnis misstrauende Wähler von seinem Recht Gebrauch machen, dessen Zustandekommen zu überprüfen.

Wenn aber der Einsatz der Wahlcomputer zu einer Umgewichtung der Wahlentscheidung führen kann, wird das Vertrauen der Bürger in die Objektivität der Auszählung zerstört. Die Richter schließen, betonen sie ausdrücklich, weder den künftigen Einsatz verbesserter Wahlmaschinen noch eine Internet-Wahl aus. Aber der Vorgang muss nachprüfbar sein, verlangen sie – und vor Verfälschung der Stimmdaten sicher.

Man sollte den Karlsruher Richtern dankbar für dieses Stoppsignal sein. Natürlich kann man mit Computern schneller wählen. Man benötigt auch weniger Personal. Aber um welchen Preis! Die Effizienz staatlichen Handelns darf niemals höher gewertet werden als die Transparenz, auf der jede Entscheidung im Rechtsstaat beruhen muss. Sonst könnte man auch das arithmetische Mittel aus zehn Wahlumfragen zur Grundlage der Verteilung der Mandate machen und die Wahl selbst einsparen. Die Prognosen des Jahres 2005 und das Wahlergebnis haben gezeigt, wo das enden würde.

Ernst Benda, der verstorbene frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, hat 1983 in dem von ihm maßgeblich beeinflussten Volkszählungsurteil das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung formuliert. Das Wahlcomputerurteil weist ein Vierteljahrhundert später den Staat in seinem Allmachtsanspruch noch einmal fast ergänzend in die Schranken.

Gerd Appenzeller

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