zum Hauptinhalt
Kinderarbeit in Indien: Heute leben mehr Menschen in Unfreiheit als je zuvor

© dpa

Moderne Sklaverei: Das kann unsere Gesellschaft nicht dulden

Die neue Sklaverei ist ein alle Kontinente umspannendes Verbrechen, das sich ohne internationale Zusammenarbeit nicht wirksam bekämpfen lässt. Ein Gastbeitrag

Sklaverei. Ein Wort, das Bilder einer vergangenen Zeit heraufbeschwört, Bilder von Millionen von Menschen, die geknechtet, entehrt und menschenunwürdig behandelt wurden. 

So etwas gibt es in der heutigen Gesellschaft nicht, das würden wir jedenfalls gern glauben. In Wirklichkeit gibt es sie überall, wenn wir nur genauer hinschauen. Auf unseren Feldern, auf unseren Fischfangschiffen, in unseren Fabriken und in unseren Haushalten arbeiten Menschen, die in einem Leben unvorstellbaren Leids gefangen sind.

Manche werden von ihren Angehörigen verkauft oder verraten, andere von Kriminellen mit Versprechen auf ein besseres Leben getäuscht, betrogen oder verführt. Ihrer Freiheit beraubt und aus Profitgier ausgebeutet, werden sie Opfer von Gewalt, Hunger, Missbrauch und Vergewaltigung. Die physischen, seelischen und emotionalen Schäden, die sie davontragen, sind nicht zu ermessen.

Grundlage für eine effektive Verfolgung und Bestrafung der Täter

Die Stiftung Walk Free Foundation beziffert die Zahl der Sklaven weltweit im Jahr 2014 auf 35,8 Millionen. Das kann unsere Gesellschaft nicht dulden. Deshalb haben wir die Santa Marta Group ins Leben gerufen, ein Bündnis von Polizeichefs und Bischöfen aus aller Welt, die in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft der Sklaverei ein Ende setzen wollen.

Unsere jeweiligen Institutionen haben alle einen Beitrag zu leisten. Die britische Regierung hat im Parlament ein Gesetz gegen die moderne Sklaverei eingebracht, das erste seiner Art in Europa. Es schafft die Grundlage für eine effektive Verfolgung und Bestrafung der Täter, eine Verlängerung der maximalen Haftstrafe von 14 Jahren auf lebenslänglich und neue Instrumente zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern. Als erstes Land der Welt wird Großbritannien auch die Unternehmen verpflichten mitzuteilen, mit welchen Maßnahmen sie dafür Sorge tragen, dass ihre globalen Lieferketten frei von Sklaverei sind.

Und schließlich wird es kraft dieses Gesetzes künftig einen Anti-Sklaverei-Beauftragten geben – Kevin Hyland, der zuletzt bei der Metropolitan Police die Abteilung gegen Menschenhandel leitete. Wie wir mit Partnerregierungen, Behörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen in aller Welt zusammenarbeiten wollen, ist in unserer Modern Slavery Strategy dargelegt.

Polizisten bekommen Schulung zum Thema Menschenhandel

Eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der neuen Sklaverei kommt in allen Ländern sicherlich den Polizeikräften zu. Die britische Polizei legt großen Wert darauf, dass ihre Beamten die oft komplizierten Umstände dieses Verbrechens richtig verstehen. Deshalb erhalten alle neu eingestellten Beamten der Metropolitan Police eine Schulung zum Thema Menschenhandel. Bis Ende 2015 werden 5000 Beamte in der Lage sein, Opfer zu erkennen, und über die besondere und schwierige Problematik, in der sich die Opfer befinden, Bescheid wissen.

Außerdem hat die für Menschenhandel und Entführungen zuständige Abteilung sechs gemeinsame Ermittlerteams aufgestellt, die mit Kollegen in anderen Ländern zusammenarbeiten sollen, damit sich die Täter nirgendwo sicher fühlen können.

Papst Franziskus sprach der Santa Marta Group anlässlich ihrer ersten Konferenz im April im Vatikan seine Anerkennung und Unterstützung aus. Die Katholische Kirche hat in London auch das "Bakhita House" eingerichtet, das Frauen, die der Sklaverei zum Opfer gefallen sind, betreuen und bei der Rehabilitierung unterstützen soll.

Die St. Mary's Universität gleich nebenan wird als internationales Institut für die angewandte Forschung zur Prävention des Menschenhandels und die seelsorgerische Betreuung und Wiedereingliederung von Opern fungieren. Im gegebenen Fall wird die Universität den Opfern auch bei Ausbildung und Arbeitssuche behilflich sein.

Neben der Beratung und Unterstützung, die Bakhita House anbieten wird, soll das Zentrum vier Werte verkörpern: Liebe, Respekt, Gemeinschaft und Spiritualität. 

Die neue Sklaverei ist ein alle Kontinente umspannendes Verbrechen

Dies sind Werte, die die meisten von uns jeden Tag erleben dürfen: in der Familie und bei Freunden. Diese Werte und der wichtigste von allen, die Freiheit, werden all denen vorenthalten, die im Bordell, auf dem Feld, in der Fabrik Sklavenarbeit leisten müssen.

Auf der Tagung der Santa Marta Group am vergangenen Wochenende haben wir die Gelegenheit ergriffen, um weitere Partnerschaften mit Regierungen, Strafverfolgungsbehörden, Kirchen und der Zivilgesellschaft zu schließen, um die Opfer zu unterstützen und diesem Verbrechen ein Ende zu setzen.

Die neue Sklaverei ist ein alle Kontinente umspannendes Verbrechen, das sich ohne internationale Zusammenarbeit nicht wirksam bekämpfen lässt.

Wir sind stolz darauf, dass wir diese Konferenz ausgerichtet haben, und freuen uns, dass Vertreter aus Deutschland dabei waren. Eine derartige Zusammenkunft hat es weltweit noch nicht gegeben.

Nur wenn wir unsere Kenntnisse und Fähigkeiten bündeln, können wir die Sklavenhalter von heute zur Verantwortung ziehen. Und nur dann können wir die Opfer schützen und ihnen ihre Würde zurückgeben.

Theresa May ist britische Innenministerin, Kardinal Vincent Nichols ist Erzbischof von Westminster, Sir Bernard Hogan-Howe ist Polizeipräsident der Metropolitan Police.

Am vergangenen Wochenende fand in London eine Konferenz der Santa Marta Group statt, die sich für die Ausrottung der modernen Sklaverei weltweit einsetzt. Insgesamt nahmen 33 Länder teil, darunter auch Deutschland.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false