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450 000 Euro Honorar: Das Urteil des Zuschauers

Die hohen Gagen für Fernsehstars wie Monica Lierhaus sind Risikoprämien.

Deutschland ist auch deswegen ein so liebenswertes Land, weil alles, was hinkt, zum wunderbaren Vergleich taugt. Also: Angela Merkel verdient als Bundeskanzlerin und Bundestagsabgeordnete etwa 283 000 Euro pro Jahr. Als neue Botschafterin der ARD-Fernsehlotterie soll Monica Lierhaus 450 000 Euro bekommen.

Der Umstand empört, im Fall der früheren und jetzt behinderten Sport-Journalistin umso mehr. Die Perspektive zum Vergleich wird zunächst aus der Kassenlage gewonnen. Merkels Gehalt kommt aus dem Steuertopf, Lierhaus’ Honorar aus dem Spendentopf. Da ist höchste Sensibilität geboten. Der Steuerzahler ist immer nervös, der Loskäufer der Fernsehlotterie kann richtig übelnehmen: Angelockt vom Promi-Werbegesicht, kauft er ein Los, mit dem er dann kein Traumhaus oder keine lebenslange Rente gewinnt. Aber Monica Lierhaus, die hat er teuer bezahlt.

Merkel müsste sich als Bundeskanzlerin a.D. um ihren Lebensabend nicht die geringsten Gedanken machen. Selbst wenn sie auf die Putin-Schröder-Nummer verzichtet, Pension etc. werden ein mehr als auskömmliches Dasein erlauben. Ihre Sorge kann nur sein: Was mache ich – außer Dienst gestellt – mit der freien Zeit? Nicht das Geld entscheidet über den Sinn in ihrem Leben, die Aufgabe ist es.

Anders die Causa Lierhaus. Schon als Sportmoderatorin hatte sie einen Zeitvertrag. Wäre sie Anfang 2009 nicht erkrankt, wäre die neue Vereinbarung mit der ARD wirksam geworden, die ihr per annum kolportierte 850 000 Euro eingebracht hätte. Dieses Geld ist nie geflossen, Lierhaus, fest-freie Moderatorin der ARD, hätte ihr Honorar erst nach erbrachter Leistung bekommen. Keine Moderation, kein Geld.

Die rund 25 000 festangestellten Beschäftigten von ARD, ZDF und Deutschlandradio werden nach der öffentlich-rechtlichen Gebührentabelle bezahlt, ordentlich, nicht üppig. So notwendig die einzelne Aufgabe, so ausgewiesen das individuelle Können – ihretwegen schaltet kein Zuschauer ein. Im Fernsehen, im öffentlich-rechtlichen wie im privaten, wird Programm nach Namen verkauft. Ein Thomas Gottschalk, ein Günther Jauch generieren Aufmerksamkeit beim Zuschauer, sorgen für Quote und Marktanteil beim Publikum, eine Monica Lierhaus soll den Losverkauf ankurbeln.

Fernsehen sieht immer nach leichter Hand aus, Fernsehen zu moderieren, zu präsentieren, ist ein seltenes Talent. Schneller ist ein „Dschungelcamp“ mit gescheiterten TV-Karrieristen gefüllt als eine kostengünstigere Alternative zu Kai Pflaume oder Johannes B. Kerner gefunden. Das Medium kennt wenig Dankbarkeit. Wen das Publikum liebt, der wird gepampert, wen nicht oder nicht mehr, der muss das Vergessen fürchten. Täglich wird das Urteil des Zuschauers gemessen, Sender und Stars bekommen genaueste Auskunft über die „Gesichter-Konjunktur“. Gagen werden erhöht, Verträge gekündigt. Wer wagt die Voraussage, dass Botschafterin Lierhaus ihren „Platz an der Sonne“ behält? Die hohen Gagen für die Stars sind Risikoprämien für die Promis. Nicht zu fassen: Angela Merkel hat es leichter.

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