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Die EU und ihr umstrittener Ratspräsident: Viktor Orban einhegen – das muss doch gehen
Was soll die EU tun, wo Ungarn doch nun die EU-Präsidentschaft innehat? Jedenfalls nicht Treffen blockieren – sondern dort die Auseinandersetzung führen.

Stand:
Von wegen Union: Die EU spricht wieder einmal ihrem Titel Hohn. Ihre Außenpolitik vereint nicht, sie entzweit. Das kann die EU im Verein der Weltmächte weiter schwächen.
Es geht immer noch um die sogenannte Friedensmission des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban nach Moskau und Peking. Er war dort, um über den Ukrainekrieg zu sprechen. EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat deswegen den Boykott eines Außenministertreffens in Budapest verfügt.
Das ist nur leider unter allen Umständen unklug. Gerade dann, wenn sich die europäischen Partner über Orban aufregen, müssen sie das am Ort anbringen. Heißt: Sie müssten jetzt erst recht nach Budapest reisen und dort der ungarischen Regierung klipp und klar die Meinung sagen.
Man muss nicht so weit gehen wie Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel und von „Schwachsinn“ reden. Aber von Scharfsinn kann auch nicht die Rede sein.
Zumal die EU Ungarn schon vor der Übernahme der Präsidentschaft hätte stellen müssen. Orban ist doch nicht erst seit gestern auf einem Ego-Trip und auf autoritär-autokratischem Kurs. Da muss man umgekehrt den Konflikt suchen und aushalten. Insbesondere, wo Ungarn die EU-Präsidentschaft doch nun innehat.
Zusätzlich verliert die EU durch Borrell noch Zeit. Die Lage in der Ukraine ändert sich nahezu jeden Tag. Von einem Sieg ist Kiew weit entfernt. Ebenso davon, sich gegen Russland im Aufrüstungswahn zu behaupten. Und jetzt soll das Treffen der Außenminister erst nach Ende der Sommerpause in Brüssel stattfinden? Umwege zu nehmen, höhlt die Autorität der EU-Institutionen aus.
Weltweit uneinig auf offener Bühne
Orban redet mit Selenskyi, Putin, Xi? Es wurde als Affront empfunden. Aber was wäre gewesen, wenn die EU es intern angesprochen hätte, innerhalb ihrer Beratungen? So zeigt sie sich nur weltweit uneinig auf offener Bühne.
Umgekehrt ginge es auch. Kein Orban kann Zusammenhalt und Solidarität der EU schwächen. Also: Lasst ihn laufen. Reden schadet nicht – erst einmal. Aufs Handeln kommt es an.
„Keine panische, überstürzte Kehrtwende, sondern ein wohlüberlegter Prozess des Übergangs“ zu einer friedensfreundlichen Politik – das will Ungarns Premier. Was die EU wollen sollte: den Prozess in ihren Institutionen von ihm weg zu steuern, ihn zu gestalten, das europäische Ziel gemeinsam zu definieren.
Das wäre im Interesse aller. Und Viktor Orban wäre eingehegt. Die EU muss dafür jetzt Stärke, inhaltliche zumal, demonstrieren.
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