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Der Klinikkonzern Vivantes steht in der Kritik, weil in dessen Kreißsälen Geburten gefilmt werden sollten

© dpa

Streit um Reality-Dreharbeiten: Geburts-TV: Der Senat ist in Sachen Vivantes nicht unschuldig

Der Klinkkonzern Vivantes wollte das Filmen von Geburten fürs Fernsehen zulassen. Dass die Manager überhaupt auf eine solche Idee kamen, hat auch mit den wirtschaftlichen Erwartungen des Senats zu tun.

Ja, sicher, Geburten im Fernsehen, mit allem Drum und Dran, müssen nicht sein. Wer weiß, wo die Sendungen noch zu sehen sind, wenn aus dem blutverschmierten Neugeborenen längst ein widerspruchsfähiger Jugendlicher geworden ist, der das frühere Einverständnis seiner Eltern als aufmerksamkeitsgeile Naivität kritisiert. Doch wer wegen solcher Show-Pläne nur Vivantes anklagt, verkennt wie Krankenhäuser dieser Tage funktionieren. Der Klinikkonzern hatte dem Angebot, in den eigenen Kreißsälen den Alltag samt Geburten filmen zu lassen, aus branchenüblichem Kalkül zugestimmt: Marketing füllt die Betten. Und volle Krankenbetten verlangt der Eigentümer. Das ist bei Vivantes jener Senat, der kürzlich das Drehen öffentlichkeitswirksam untersagte. Kliniken stehen unter enormem Kostendruck. Schon lange nicht mehr wird jede Diagnose von den Krankenkassen so vergütet, wie es nötig wäre, um ausreichend Personal einzustellen. So konkurrieren die Kliniken um Patienten, oft entscheidet die Masse an Fällen über die Lage der Häuser. Während sich Privatkliniken auf lukrative Fälle spezialisieren können, müssen die öffentlichen Krankenhäuser das komplette Spektrum abdecken, zum Beispiel in den aufwendigen, aber kaum wirtschaftlichen Rettungsstellen. So lange der Senat von seinen Kliniken unter diesen Bedingungen stabile Gewinne verlangt, ist die moralische Entrüstung schlicht wohlfeil.

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