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Meinung: „Ich war krank, nun bin ich geheilt“

Sie litt seit Jahren an der Parkinson-Krankheit, genau wie der Papst. Kurz vor dessen Tod an Ostern 2005, erzählt die Nonne Marie-Simon-Pierre, habe sie es kaum ertragen, ihn im Fernsehen zu sehen: „Ich sah in ihm mein eigenes Schicksal.

Sie litt seit Jahren an der Parkinson-Krankheit, genau wie der Papst. Kurz vor dessen Tod an Ostern 2005, erzählt die Nonne Marie-Simon-Pierre, habe sie es kaum ertragen, ihn im Fernsehen zu sehen: „Ich sah in ihm mein eigenes Schicksal.“ Am 2. Juni bat sie ihre Oberin, sie vom Dienst im Kreißsaal zu befreien, denn „ich konnte nicht mehr“. Doch die Oberin meinte, der verstorbene Papst habe das letzte Wort noch nicht gesprochen, sie möge durchhalten. Am selben Abend sei es ihr gelungen, erstmals wieder leserlich zu schreiben – den Namen des Papstes – und als sie um vier Uhr früh aufwachte, seien Zittern und Schmerzen verschwunden gewesen. Ein Wunder? Schwester Marie antwortete auf einer Pressekonferenz zurückhaltend: „Ich kann nur sagen: Ich war krank, und nun bin ich geheilt.“

Die Kirchenoberen sind da offensiver: Kardinal Camillo Ruini, bis vor kurzem nicht nur Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz, sondern unter den Kirchenleuten auch der mächtigste Strippenzieher der italienischen Politik, ließ am Samstag im Fernsehen keinen Zweifel: „Die Heiligkeit Johannes Pauls II. ist eine klare Tatsache.“ Sogar im Konklave zur Wahl Benedikts XVI., so enthüllte Ruini im Fernsehen, hätten die Kardinalskollegen ihn, den römischen Stellvertreter des Papstes, bereits darauf angesprochen. Dass der erste Teil des kirchenüblichen Verfahrens, zunächst zum Seligen, so schnell abgeschlossen wurde, komme „dieser verbreiteten Wahrnehmung“ entgegen. Krakaus Erzbischof Stanislaw Dziwisz, der 40 Jahre lang Johannes Pauls II. Sekretär war, sekundierte an diesem Wochenende in einem Zeitungsinterview: „Die Seligsprechung würde nur einen lokalen Kult erlauben, aber Papst Wojtyla gehört der ganzen Welt.“

Auch wenn es heute, bei einem Festgottesdienst, erst einmal um die Seligsprechung Wojtylas geht: Für das „Santo subito“, „Sprecht ihn sofort heilig“ ist die 46-jährige Französin Marie-Simon-Pierre zur Kronzeugin geworden. Sie wurde als ältestes von fünf Kindern einer frommen Familie im französischen Flandern geboren und trat dem Orden der „Kleinen Schwestern der katholischen Kreißsäle“ bei, dessen Nonnen als Hebammen wirken. Dass ein französischer Neurologe das Wunder in Zweifel zieht, weil man nicht von Parkinson geheilt werden könne, sondern nur von ähnlichen Symptomen – das spielt in der uralten Mutter Kirche keine so ganz große Rolle.

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