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Annette Schavan zeigt sich kämpferisch.

© dpa

Der Fall Schavan: Kampf um die Standards

Von Parteifreunden bekam Bundesbildungsministerin Annette Schavan Boxhandschuhe geschenkt, um den Kampf mit der Uni Düsseldorf aufzunehmen, die Plagiatsvorwürfe gegen sie untersucht. Offenbar wird in diesem Kampf aber auch mit härteren Bandagen gekämpft.

Als die Universität Düsseldorf begann, die Plagiatsvorwürfe gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan zu untersuchen, haben ihr Freunde aus der Union Boxhandschuhe geschenkt. Schavan soll kämpfen. Das tut die Ministerin auch, der vorgeworfen wird, in ihrer vor mehr als 30 Jahren eingereichten Dissertation abgeschrieben zu haben. Und sie kämpft keineswegs alleine. Es gibt eine Reihe einflussreicher Persönlichkeiten, die der langjährigen und mächtigen Bildungspolitikerin den Rücken stärken, darunter sind ihr wohlgesonnene Emeriti, die teilweise zu konservativen Netzwerken gehören, aber auch Wissenschaftsmanager in leitender Position.

Nur wenige Tage bevor der Fakultätsrat der Universität sich mit der Angelegenheit befassen soll, meldet sich nun sogar die mächtige „Allianz“ zu Wort, der Zusammenschluss der großen Wissenschaftsorganisationen, darunter die Hochschulrektorenkonferenz, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. In einer Pressemitteilung suggeriert die Allianz, in Düsseldorf sei gegen wissenschaftliche Standards der Begutachtung, wie gegen das Mehraugenprinzip und das Fachgutachterprinzip, verstoßen worden. Also richten sich die Augen auf das Verfahren. Angesichts dessen, was für die prominente Politikerin auf dem Spiel steht, wäre es tatsächlich inakzeptabel, wenn die Universität dilettantisch gearbeitet hätte.

Aber hat sie das? Inzwischen mehren sich die Hinweise darauf, dass sie ordentlich vorgeht. Dass ein von ihr selbst angefordertes Rechtsgutachten zu diesem Schluss kommt, ist kein Wunder. Doch auch mit dem Verfahren gar nicht befasste Professoren nennen das Vorgehen der Philologischen Fakultät, nur ein Gutachten erstellen zu lassen, akzeptabel. Denn mehrere Mitglieder der Promotionskommission, darunter weitere Professoren, haben sich in ihrer Vorprüfung selbst ein Urteil gebildet. Sie empfehlen offensichtlich – wie der Gutachter, der Judaistik-Professor Stefan Rohrbacher – die Aberkennung des Titels. Anders als er können sie aber offenbar keine vorsätzliche Täuschung erkennen, sondern eher grobe Fahrlässigkeit. Im Fakultätsrat wird sich am Dienstag noch ein Dutzend weiterer Wissenschaftler mit Schavans Arbeit befassen. Auch sie werden sich um ein faires Urteil bemühen, weil sie sich ihrer Verantwortung bewusst sein dürften.

Die Ministerin befindet sich demnach keinesfalls in den Händen feindseliger Pfuscher. Dass die Allianz diesen Eindruck erwecken möchte, ist ein Politikum. Denn die Wissenschaftsorganisationen, die hier Partei ergreifen, bekommen ihr Geld, und zwar Milliarden, von der Bundesforschungsministerin. Da nimmt die Allianz es hin, wenn ihre Loyalität zu den Geldtöpfen auf Kosten der sonst beschworenen wissenschaftlichen Qualitätsstandards geht, die die Universität Düsseldorf ohne Rücksicht auf die Prominenz ihrer Absolventin Annette Schavan sicherstellen muss.

Die Allianz hat sich unmöglich gemacht, sie hätte besser schweigen sollen. Denn jetzt sieht es wirklich so aus, als stimme etwas mit dem Verfahren nicht. Die Universität wird vom wissenschaftlichen Establishment, hinter dem die Ministerin steht, massiv unter Druck gesetzt. Hoffentlich lässt sie sich davon nicht beirren.

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