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Von Fabian Leber: Legal, illegal, nicht egal

Mit dem Kauf der Steuersünderdatei belastet Deutschland das Verhältnis zur Schweiz

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Es besteht kein Anlass, die Schweiz in Schutz zu nehmen. Schon seit Jahren wird das Bankgeheimnis von helvetischen Politikern zum Menschenrecht verklärt, gerade so, als liege ein Akt persönlicher Befreiung darin, seine Mitbürger bei der Finanzierung des Gemeinwesens zu betrügen.

„Kein Rechtsstaat darf sich auf den illegalen Abweg der Hehlerei begeben“, sagt Fulvio Pelli, der Vorsitzende der schweizerischen Liberalen, an die Adresse der deutschen Regierung. Unerwähnt ließ er, dass gerade die Schweiz es war, die mit ihrer nicht nachzuvollziehenden Unterscheidung zwischen (straffreier) Steuerhinterziehung und (strafbarem) Steuerbetrug den Boden für milliardenschwere Finanzkriminalität legte. Und wenn man es genau nehmen will, dann muss auch die Frage erlaubt sein, wie denn ein Land ein vorgebliches Menschenrecht (Bankgeheimnis) verteidigen will, wenn es ein anderes (Religionsfreiheit) gerade mit Füßen getreten hat.

Gründe gibt es also genug, den Schweizer Nachbarn einmal zu zeigen, wo der Hammer hängt. Mit dem angekündigten Kauf von Steuersünderdaten lässt sich die Bundesregierung aber nicht nur auf ein innenpolitisch äußerst heikles Unterfangen ein – die Nutzung widerrechtlich erworbener Dokumente. Sie nimmt auch in Kauf, dass das Verhältnis zu einem befreundeten Nachbarstaat über Gebühr belastet wird. Unter Helmut Kohl wäre ein solcher Umgang undenkbar gewesen. Insofern gibt der Steuerstreit mit den Eidgenossen nicht nur Auskunft über das Verhältnis der Deutschen zur Schweiz, er hält auch der deutschen Außenpolitik insgesamt einen Spiegel vor.

Offen wie vielleicht noch nie zuvor nutzt die Bundesregierung das seit der Wiedervereinigung gestiegene internationale Gewicht der Bundesrepublik – und zwar nicht verschleiert in Institutionen wie UN, Nato oder EU. Mit ihrem Einfluss halten die Deutschen sonst gerne hinterm Berg. In Afghanistan zum Beispiel soll die Zahl deutscher Soldaten möglichst gering bleiben, und um wichtige europäische Führungsposten bewirbt man sich erst gar nicht, weil man ja sonst in den Verdacht geraten könnte, dass die Bundesrepublik sich selbst zu wichtig nimmt.

Der Schweiz aber darf man ruhig einmal die eigene Macht demonstrieren. Zu unbedeutend ist das Land geworden – ohne EU-Mitgliedschaft und starke internationale Verbündete. Nur beim deutschen Außenminister konnte man am Montag Zweifel spüren: Er sei doch ein „Freund der Schweiz“ schickte Guido Westerwelle seinen Ausführungen treuherzig voraus – um dann später vor dem Ankauf der Steuerdaten zu warnen.

Möglicherweise wird sich der Bankdatendeal für die Bundesregierung nämlich noch als Pyrrhussieg herausstellen. Er mag zwar einige Millionen Euro einspielen, die laufenden Verhandlungen mit der Schweiz über die Frage, wie man auf legale Weise an Steuersünder gelangt, können daran aber scheitern. Für den deutschen Staat wäre nichts gewonnen – außer, dass man im Ausland wieder mal das Wort vom „hässlichen Deutschen“ hört.

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