Lesermeinung: Biblische Gebote sind ohne Moral
Steigende Gewaltkriminalität und erneute Kindstötungen: „In Ostdeutschland wird noch viel tabuisiert“, Interview mit Jörg Schönbohm, Innenminister des Landes Brandenburg 1.3.
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Steigende Gewaltkriminalität und erneute Kindstötungen: „In Ostdeutschland wird noch viel tabuisiert“, Interview mit Jörg Schönbohm, Innenminister des Landes Brandenburg 1.3. 2008
Sehr geehrter Herr Schönbohm, in Ihrem Interview führen Sie die steigende Gewaltbereitschaft in Brandenburg unter anderem auf die Entchristlichung in der DDR zurück und nennen in diesem Zusammenhang die Zehn Gebote der Bibel. Diese Gebote haben in der DDR die ihnen gebührende Missachtung gefunden durch das vom Volksmund hinzugefügte elfte Gebot: Du sollst Dich nicht erwischen lassen! Eine allgemeine Bedeutung haben sie nie erlangt.
Doch zurück zu den zehn Geboten der Bibel, aus denen Sie eine höhere Moral herleiten: Die ersten drei befassen sich mit dem Alleinverehrungsanspruch Jahwes (mit der Sanktion der Todesstrafe nebst Sippenhaft). Diese haben mit Moral oder Ethik, geschweige denn höherer Moral nichts zu tun.
Die folgenden sieben sind von einer derartigen Trivialität, wie sie in kaum einer noch so primitiven Gesellschaft fehlen dürften. So bezieht sich auch das Mordverbot – oft fälschlich mit „Du sollst nicht töten“ wiedergegeben – nur auf die Glaubensgenossen, wie die durch Jahwe angeordneten Völkermorde durch Josua, David und andere beweisen. Auch sei im Zusammenhang mit den Babymorden darauf hingewiesen, dass das vierte Gebot zwar die Liebe der Kinder zu ihren Eltern fordert, aber nicht der Eltern zu ihren Kindern. Insofern stellt auch das Verhalten Abrahams, der ohne zu Zögern sein eigenes Kind ermorden will, kein Widerspruch dar. Insgesamt aber ist Ihre Vorstellung, mit einer Entchristlichung ginge eine Minderung der Moral einher, angesichts der nahezu endlosen Gräueltaten die durch oder mit Billigung der Kirchen bis ins 20. Jahrhundert unzähligen Menschen das Leben kosteten (Ketzer- und Hexenverfolgung, Kreuzzüge, Judenhetze und vieles mehr) als absurd zu bezeichnen.
Helmut Bloemen, Potsdam
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