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Lesermeinung: Debatte um den Landtagsneubau

Keine Bürgerbefragung – Lösung setzt Fachkompetenz vorausEs wird erwogen, eine Bürgerbefragung durchzuführen. Die Lösung des städtebaulichen Problems setzt aber eine hohe Fachkompetenz voraus, die bei den Bürgern nicht vorhanden sein kann.

Stand:

Keine Bürgerbefragung – Lösung setzt Fachkompetenz voraus

Es wird erwogen, eine Bürgerbefragung durchzuführen. Die Lösung des städtebaulichen Problems setzt aber eine hohe Fachkompetenz voraus, die bei den Bürgern nicht vorhanden sein kann. Der Gradmesser für oder wider eine Bebauung können nicht der persönliche Geschmack und ideologische Ansichten sein, sondern es sind städtebauliche Erfordernisse, die nur fachlich untersetzt von einem Gremium unabhängiger Experten der Architektur, Stadtplanung und Denkmalpflege umgesetzt werden können. Eine Befragung ist daher derzeit nicht produktiv.Außerdem müsste bei einer Bebauung durch das Land das gesamte Land Brandenburg befragt werden. Da es sich bei den Stadtverordneten und den Landtagsabgeordneten um demokratisch gewählte Vertreter der Bürger handelt, liegt es gerade bei ihnen, die Lösung durch eine fachliche Beratung herbeizuführen. Wie die letzten Jahre zeigten, gestaltet sich die Investorensuche letztlich immer erfolglos. Die jetzt gefundene Nutzung als Landtag sollte nicht leichtfertig aufgegeben werden, auch im Hinblick auf sich anschließende Privatinvestitionen in der Umgebungsbebauung. Aufgrund der radikalen Veränderung des Stadtraums in diesem Gebiet, einhergehend mit einer sehr geringen Aufenthaltsqualität, muss dieses offene innerstädtische Gebiet wieder geschlossen werden. Für die Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis von Historie und Moderne ist viel Sensibilität notwendig. Eine Aufnahme des historischen Straßenverlaufs unter Auswertung ehemaliger Baufluchten ist nahe liegend. Gleichzeitig müssen die zukünftige Gebäudenutzung und ihre Fassadengestaltung sinnvoll und nachvollziehbar bleiben.

Grit Jehmlich, Oliver Max Wenske, Diplomrestauratoren, Potsdam

Garnisonkirche braucht Stadtschloss

Mit dem Wiederaufbau der Garnisonkirche verfolgen wir das Ziel, Potsdams historische Mitte wiederherzustellen und einen Teil der Wunden zu heilen, die Krieg und politische Willkür der Stadt und der Identität ihrer Bürger geschlagen haben. Dieses Vorhaben kann durch drei Bauvorhaben geschehen, die eng aufeinander bezogen sind und die den Rahmen für die barocke Innenstadt bilden: Die historisch getreue Wiederherstellung der Garnisonkirche, die Freilegung des Stadtkanals und den Wiederaufbau des Stadtschlosses. „Historisch getreu“ bedeutet: Am historischen Ort und in der früheren äußeren Form. Die Garnisonkirche als geistliche Dominante braucht das Stadtschloss als seine weltliche, politische Entsprechung, Potsdam braucht das Stadtschloss als städtebauliches Zentrum. Für die Berliner und Brandenburger ist das Stadtschloss als politisches Zentrum angemessener als die ehemalige Kriegsschule auf dem Brauhausberg.

Vorstand der Gesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V.

Unmut über „Schloss Fanatiker“

Am 20. November kamen mehr Menschen zum Deserteur-Denkmal am Platz der Einheit als im Oktober und September. Junge Leute, die zuvor ihren Unmut über die Schloss-Fanatiker kundgetan hatten, spendeten Beifall als sie hörten, dass das Potsdamer Aktionsbündnis gegen Hartz IV den Beschluss der SVV begrüßte, keinen Schlossbau für die Landesregierung zu genehmigen. Der Solidaritätsgedanke wurde von beiden Seiten aufgegriffen. Ein gutes Zeichen!

Horst Jäkel, Potsdam

Stadtschloss als Ausgangs-, Mittel- und Kristallisationspunkt

Ohne Stadtschloss wäre Potsdam ein märkisches Dorf geblieben. Das Schloss war Kristallisationspunkt für eine spätere städtische bauliche Entwicklung. Die Nähe des Schlosses gewährte unseren Vorfahren materiellen und ideellen Schutz. Um das Schloss herum entwickelte sich das urbane Leben. Als junger Mann war ich vor 1960 oft in der Schloss-Ruine und habe die kühle Eleganz des norddeutschen Barocks kennen gelernt, die seinesgleichen sucht. Das Potsdamer Stadtschloss war in Kombination mit den Gebäuden am Alten Markt ein Gebäude von europäischem Rang. Es gab bereits vor 1950 einen Versuch der Potsdamer Kommunisten, das Stadtschloss zu sprengen. Davon zeugte das große Loch in der Westfassade. Der damalige sowjetische Stadtkommandant verhinderte dies aufgrund von Protesten beherzter Potsdamer, die offenbar mehr Kenntnis und Gefühl für ein besonderes Kunstdenkmal besaßen als die spätere SED. Wie klingt da die schnoddrige Bemerkung von Herrn Scharfenberg: „Schlösser haben wir genug“?. Wir wollen kein beliebiges Gebäude von „Wächter & Wächter“ vorgesetzt bekommen, davon haben wir genug (Bahnhof, Wilhelmgalerie, Breite Straße). An diesem historischen Platz brauchen wir Qualität; das hat uns Herr Jauch gezeigt.

Herbert Posmyk, Potsdam

„Lasst uns die alte Mitte neu gestalten!“

Die Abgeordneten haben sich für eine vorwärts gerichtete Entwicklung der Stadt entschieden. Ein solches Votum wird begrüßt. Die Mehrheit der Potsdamer will kein Pseudoschloss. Die Chance der Ideensammlung für den vorhandenen Raum sollte in einem über Potsdam hinausragenden Gremium ergriffen werden. Die vorhandene Leere ist großartig für die Gestaltung eines Stadtteils nach den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts. Internationale Forschungseinrichtungen in Golm, die Uni, SAP, Filmhochschule, VW und viele andere Einrichtungen mit Mitarbeitern aus alle Welt sind die Realität. Der Titel „Stadt der Wissenschaften“sollte das Ziel sein. Das sind ideale Voraussetzungen für einen modernen Stadtteil, der dann über den Bereich des Alten Marktes hinausgehen könnte. Von der alten Wasserwirtschaft über die Fachhochschule bis alte Brauerei, Landtagsgelände und Speicherstadt, das ist das Gebiet, in dem – unter Einbeziehung des Bahnhofes und des Hafens – ein Superstadtteil zu entwickeln ist. Ein Internationales Versöhnungszentrum, eine neue Synagoge, ein Landtag auf dem Braushausberg, Verkehrsverknüpfungen modernster Art, Tagen und Lernen, Leben und Wohnen am und auf dem Wasser – viele Möglichkeiten bieten sich an. Für dieses Vorhaben müssen wir uns Zeit lassen und Ideen aus allen Bereichen der Bevölkerung, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und von Interessenten aus aller Welt sammeln. Lasst uns die alte Mitte neu gestalten!

Frank-Rudolf Britz, Bergholz-Rehbrücke

Historische Mitte durch PDS-Blockade für immer verloren?

Fahre ich von der Langen Brücke in die Stadt, bin ich immer enttäuscht, wie trostlos der Alte Markt aussieht. Es ist die Jahre über nichts passiert. Wenn ich dann daran denke, dass Touristen den selben Weg kommen und den ersten Blick auf unser Potsdam wagen, dann kann da doch nur Enttäuschung aufkommen. Nun schien mit dem Schlossneubau alles in Sack und Tüten. Wie man sich doch irren kann! Wir wissen nun, welche unselige Blockadepolitik die PDS-Stadtverordneten gegen das Aufblühen der Stadt-Mitte betreiben. Diese Stadtverordneten sehen die Chance für einen Neuanfang darin, den Platz mit „Randbauten“ zu bebauen, um mit dem Landtagsbau, ihrer Vorstellung in die „Mitte“ zu drängen. Die PDS will augenscheinlich einen neuen Gebäudekomplex errichten – wohl so billig wie möglich. Hoffentlich werden wir dann nicht an die städtebaulichen Fehl-Leistungen von früher erinnert. Ich befürchte, dass bei einem Nein der neue Landtag durch den engeren finanziellen Rahmen sehr nüchtern ausfallen würde und die original historische Mitte nie mehr zurückzugewinnen sei.

Andreas Lüdtke, gebürtiger Potsdamer

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