Lesermeinung: Fördermittel
Keine Räume für das Abraham Geiger Kolleg – es geht um 8 000 EuroEs ist eine Ehre und ein Gewinn sondergleichen, dass die Landeshauptstadt das Abraham Geiger Kolleg beheimatet. Potsdam ist damit der einzige Ort in Deutschland, an dem – sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust – wieder Rabbiner und Rabbinerinnen ausgebildet werden.
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Keine Räume für das Abraham Geiger Kolleg – es geht um 8 000 Euro
Es ist eine Ehre und ein Gewinn sondergleichen, dass die Landeshauptstadt das Abraham Geiger Kolleg beheimatet. Potsdam ist damit der einzige Ort in Deutschland, an dem – sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust – wieder Rabbiner und Rabbinerinnen ausgebildet werden.
Bereits im Herbst vergangenen Jahres hatten die Potsdamer Jusos in den Potsdamer Neueste Nachrichten darauf hingewiesen, dass das Fehlen einer Förderzusage seitens des Wissenschaftsministeriums eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit sein müsse. Schließlich geht es um einen Kleckerbetrag von 8 000 Euro, den das Land Brandenburg stemmen müsste. Jeweils 150 000 Euro sollen vom Bund, vom Zentralrat der Juden in Deutschland und den 16 Bundesländern kommen. Weitere 100 000 Euro wird eine eigens gegründete Stiftung beisteuern.
Nun hat sich Ministerpräsident Matthias Platzeck sich des so wichtigen Themas angenommen und will in Kürze weitere Gespräche führen, um das Projekt endlich in trockene Tücher zu bringen. So wird es gelingen, dass im September, wenn die ersten drei Absolventen ihr Studium abschließen und in den Beruf wechseln, von Potsdam ein einzigartiges Signal ausgehen wird: Ein Zeichen, dass das deutsche Judentum nicht nur physisch, sondern auch spirituell am Leben ist. Ein Zeichen, dass Potsdam immense Bedeutung und Verantwortung hat. Und mehr aus dieser Tatsache machen könnte!
Wann endlich bekommt das Kolleg eigene Räume in Potsdam? Wo bleibt der Zeitplan, der dazu führt, dass in absehbarer Zeit auch in Potsdam wieder eine Synagoge steht? Dresden hat seine Synagoge bereits neu erbaut. Warum vernetzen wir nicht bestehende Institutionen und machen aus dem Arreal „Schlossstraße/Neuer Markt“ ein Juwel, das langfristig – auch international – ein Potsdamer Alleinstellungsmerkmal wie Sanssouci werden könnte.
Mit dem Haus der Brandenburgisch Preußischen Geschichte, dem Zentrum für Zeithistorische Forschung, dem Einsteinforum und – last but not least – dem Moses Mendelssohn Zentrum sind viele exzellente Bausteine schon da, um die uns manche Universität und manche Stadt beneiden. Warum denken wir nicht weiter? Zum Beispiel an eine jüdische Fakultät, zusammen mit einer oder mehreren Berliner Universitäten?
Stärken stärken, als Konzept der Landesentwicklung, braucht sich nicht allein auf Wirtschaftsstandorte beschränken. Warum ist ein jüdischer „Think Tank“ nicht möglich, der Gotteshaus, – auch interdisziplinäre – Ausbildungsstätten, jüdisches Studentenwohnheim und zahlreiche Initiativen, Stiftungen und Verbände beherbergt? Es bräuchte bloß ein paar Köpfe, die nicht die Mentalität der Ärmelschoner pflegen und den Geist des Aussitzens atmen.
Die Brandenburger und Potsdamer Politik sollte sich an die Tradition der Toleranz erinnern, Potsdam als Ort des Geistes ausbauen und sich an die Spitze derjenigen stellen, die den Wert des Kollegs richtig bemessen und sich rigoros für eine nachhaltige und angemessene Finanzierung einsetzen.
Wenn es gelingen sollte, die Beachtung und Wertschätzung der dort lehrenden und lernenden Männer und Frauen – und das zukünftige, weit über Brandenburg hinausreichende Potential dieser Institution – zu steigern, dann wäre das ein wichtiges Zeichen und herausragendes Zeugnis großer Politik.
Till Meyer, Juso Vorsitzender Potsdams
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