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Lesermeinung: Stadtschloss und Bürgerbefragung

Die Schönheit liegt in der Räumlichkeit und historischen Gestaltung des SchlossesAls Mitarbeiter im Team der Wasserwirtschaft planten wir damals (1964/1966), die Abwasser- und Regenwasserleitungen in den Straßenkörper zu legen und nicht in den Stadtkanal. Dadurch konnten später die Ufermauern rekonstruiert werden und die Sohle des Kanals eine Neugestaltung erfahren.

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Die Schönheit liegt in der Räumlichkeit und historischen Gestaltung des Schlosses

Als Mitarbeiter im Team der Wasserwirtschaft planten wir damals (1964/1966), die Abwasser- und Regenwasserleitungen in den Straßenkörper zu legen und nicht in den Stadtkanal. Dadurch konnten später die Ufermauern rekonstruiert werden und die Sohle des Kanals eine Neugestaltung erfahren. Es waren wenige bauliche Veränderungen notwendig. Der Stadtkanal ist heute ein sehr wertvoller Anziehungspunkt in historischer Bauweise. Denn die schönen Ufermauern sind handwerklich hervorragend rekonstruiert. Dadurch zählt der Kanal zu einer räumlichen Schönheit der Potsdamer Mitte. Ich bin der Meinung, dass sehr viel handwerklich-historische und künstlerische Arbeit geleistet werden muss, um den Schlosswiederaufbau entsprechend zu gestalten. Auch wenn die Büros der Landtagsabgeordneten etwas kleiner geraten, darf der Knobelsdorff’sche Bau nur wenig verändert werden. Dennoch sollte man sich nicht an die „Ebene des Grundrisses“ allein klammern, denn die Schönheit des Schlosses liegt in der Räumlichkeit, in der historischen Gestaltung. Mit dem Stadtschloss würde Potsdam ein einmaliges Bauwerk besitzen.

Hans-Joachim Dauber, Potsdam

Warum tun wir uns so schwer mit unserer Geschichte?

Wenn wir Potsdamer alte Brunnen entdecken, sind wir stolz. Aber wenn unser zukünftiger Landtag dem einstigen Stadtschloss, ähnlich werden soll, bekommen wir kalte Füße. Warum tun wir uns so schwer mit unserer Geschichte? Stünde das Stadtschloss in Warschau, dann wäre es längst wieder aufgebaut. In Moskau wird vom Kreml aus regiert. Die Polen haben sich aus Schweden die Originalzeichnungen für das völlig zerstörte Schloss von Stettin schicken lassen. Sie wussten, ein Volk kann nicht ohne seine Geschichte leben. Durch das Ausschreibungsverfahren werden sicher namhafte Architekturbüros ausgewählt, die gewiss gute Arbeiten vorlegen. Auch für die Außenhaut. Entscheidend wird sein: Welcher Entwurf ist so überzeugend, dass wir ihn als Herzstück unserer Stadt haben wollen. Ob der alte Knobelsdorff doch den Wettbewerb gewinnt?

Wilhelm Stintzing, Potsdam

Manipulierte Bürgerbefragung

Seit der Auszählung der Bürgerbefragung wird uns von allen Seiten mitgeteilt, dass die 57 Prozent, die für andere Standorte abgegebenen Stimmen könnten nicht als Gegenstimmen zum Stadtschloss gewertet werden. Die 42 Prozent dafür, wären eine sichere Mehrheit. Dies stimmt nicht. Die öffentliche Diskussion vor der Befragung, drehte sich nicht um die Frage „Wo kommt der Landtag hin?“, sondern darum, ob auf dem Alten Markt ein Schlosssurrogat errichtet werden soll. So wurde die Abstimmung auch verstanden. Allen, die wie ich, an der Auszählung teilnahmen, fiel auf, dass enorm viele der zurückgesendeten Fragebögen mit Anmerkungen, teilweise ganzen Briefen ergänzt waren. In den Anmerkungen machten die Teilnehmer klar, dass es ihnen primär darum ging, dass Stadtschloss zu verhindern. Ist dies der Grund, dass weder Stadtverwaltung, noch Potsdamer Presse, noch Parteien diese Bürger-Kommentare thematisieren? Wenn ich eine Befragung veranstalte, die so verstanden wird, dass die Bürger darüber abstimmen, ob das Schloss gebaut werden soll oder nicht, im Anschluss aber behaupte, ich hätte was ganz anderes gefragt, dann täusche ich die Wähler. Damit begehe ich eine Manipulation im Sinne eines Wahlbetrugs. Instrumente, wie die Bürgerbefragung sollen durch ein Mehr an unmittelbarer Beteiligung an relevanten Entscheidungen ein Mittel gegen Politik- und Demokratieverdrossenheit sein. Wenn derartige Instrumente (ein anderes Beispiel ist der Bürgerhaushalt) ganz offen für machtpolitische Spielchen eingesetzt werden.

Peter Okonnek, Potsdam

An die Stadtverordneten der Stadt Potsdam (Offener Brief, Auszüge)

Bitte bedenken Sie, dass bei der Befragung nur 19,75 Prozent für einen Landtagsneubau auf dem Standort des ehemaligen Stadtschlosses stimmten. Bitte bedenken Sie, dass das ursprüngliche Schloss auf Kosten des „gebeuteltenVolkes“ erbaut wurde. Soll nun wieder eines erbaut werden, das Steuerzahler bezahlen müssen, das Mittel vertilgt, die dringend für Bildung, Sanierung des Alten Rathauses, der Bibliothek benötigt werden? Obwohl die Sanierung des jetzigen Landtages entschieden billiger wäre? Bitte bedenken Sie, dass durch einen Bau auf dem Grundriss des ehemaligen Schlosses die völlig intakte Verkehrsinfrastruktur zerstört würde und eine Millionen Euro teure neue geschaffen werden müsste. Nicht nur das Stadtschloss war Potsdams Mitte, es war auch der Alte Markt, dem man mit bedeutend weniger Aufwand ein Aussehen geben könnte, das annähernd die historische Mitte widerspiegelt. Die den Alten Markt umgebenen Neubauten könnten Nachbildungen der historischen Fassaden des Schlosses und vom Palais Barberini zieren. Bitte bedenken Sie, dass Sie, gemäß Grundgesetz, als die gewählten Vertreter der Potsdamer Bürger an Aufträge und Weisungen, auch an Partei- oder Fraktions-„Disziplin“, nicht gebunden sind. Sie sind nur Ihrem Gewissen unterworfen und sollten prüfen, ob mit weniger Mitteln eine schöne, lebendige, unserer Zeit entsprechende Mitte für junge und alte Potsdamer und Touristen geschaffen wird.

Horst Schulz, Potsdam

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