Lesermeinung: Streit um Alexandrowka
POTSDAM Ich freue mich für die Landschaftsplanerin Anja Hecker über den Förderpreis der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft für ihre Diplomarbeit: Allerdings steht darin nichts Neues zur Alexandrowka. Den Hinweis, dass der Errichtung der Russischen Kolonie in Potsdam und des Blockhauses Nikolskoe in Berlin das Muster eines Hauses in Russland voran ging, berichtete bereits Bischof Eylert in seinen Rückerinnerungen 1842: „Siehe“, sprach er (der König anlässlich des ersten Besuchs der Tochter in Nikolskoe 1820) zu seiner Tochter Charlotte, „ein russisches Bauernhaus.
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POTSDAM Ich freue mich für die Landschaftsplanerin Anja Hecker über den Förderpreis der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft für ihre Diplomarbeit: Allerdings steht darin nichts Neues zur Alexandrowka. Den Hinweis, dass der Errichtung der Russischen Kolonie in Potsdam und des Blockhauses Nikolskoe in Berlin das Muster eines Hauses in Russland voran ging, berichtete bereits Bischof Eylert in seinen Rückerinnerungen 1842: „Siehe“, sprach er (der König anlässlich des ersten Besuchs der Tochter in Nikolskoe 1820) zu seiner Tochter Charlotte, „ein russisches Bauernhaus. Es ist eine vollkommen treue Kopie des Blockhauses, das Dir so wohl gefiel, und in welchem wir froh waren, als ich euch in Petersburg besuchte “. Dieses Zitat findet man ohne jede Mühe auf Websites über Nikolskoe (z. B. www.kirche-nikolskoe.de/Baubes.htm) und den kunsthistorischen Zusammenhang mit der Kolonie Alexandrowka wies bereits 1996 Prof. Marcus Köhler nach in „ Die Potsdamer Kolonie Alexandrowka und ihr Beitrag zur Entstehung des ,russischen Stils“ – Gutachten zur kunsthistorischen Bedeutung der Alexandrowka. Im Auftrag des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Potsdam, Amt für Denkmalpflege, Berlin 1996. Es ist also kaum ein Jahrhundertgeheimnis, das hier gelüftet wurde, wobei höchst fraglich ist, ob das Dorf Glasowo jemals in dem pseudorussischen Stil seines Erfinders Carlo Rossi gebaut und 1944 dann durch den Weltkrieg zerstört wurde. Dass nun Frau Hecker in Petersburg nach den Plänen Carlo Rossis für Glasowo geforscht hat, ist erfreulich, da man nun sicher sein kann, dass alle – übrigens bekannten – Pläne (Pavlovsk, le palais et le parc. Paris et Pavlovsk, 1993) noch existieren: Allein, ein Beweis für den Vorbildcharakter ist das mitnichten, denn Frau Hecker forschte ausschließlich in Russland – ohne einen handfesten Zusammenhang zu Potsdam zu finden. Für diesen Beweis hätte sie so weit nicht fahren müssen. Der Plan des „Russischen Bauernhofs“, den Carlo Rossi auf Wunsch und speziell für Friedrich Wilhelm III. anfertigte, lag still und fast vergessen im Kupferstichkabinett von Berlin, wo ich ihn vor kurzem fand. Er ist eine der tatsächlichen Sensationen,die zur Zeit in der Ausstellung „Königliche Visionen. Potsdam eine Stadt in der Mitte Europas“ im Kutschstall am Neuen Markt noch bis zum 28. März 2004 zu sehen ist. Dieser Plan lüftet das letzte Geheimnis, denn er ist tatsächlich hier in Preußen gelandet, ist in deutsch betitelt und liegt nicht ungenutzt in Russland in russischer Sprache. Meine Empfehlung lautet, einmal die Ausstellung des Potsdam-Museums im Kutschstall in Potsdam zu besuchen. Dort hängt der wirkliche Beweis und die wirkliche Antwort auf das „Geheimnis“, dass Glasowo, Nikolskoe und Alexandrowka aus derselben Feder Carlo Rossis stammen. Bettina B. Altendorf, M.A., Historikerin, Virtuelles Museum Preussen Anm. d. Red.: Die Landschaftsplanerin Anja Hecker hat den PNN mitgeteilt, dass ihre Untersuchungen bereits abgeschlossen waren, als der Plan im Berliner Kupferstichkabinett wiedergefunden wurde. Die Arbeit von Prof. Köhler habe in der Tat den Hinweis auf Glasowo geliefert – Beweise dafür habe Anja Hecker erst in russischen Archiven gefunden. Dies bestätigte auch Potsdams Stadtkonservator Andreas Kalesse, der die Forschungen bereits seit 13 Jahren betreibt und betreiben lässt. Der gesamte Forschungsgang zu Alexandrowka wird in Kürze veröffentlicht.
Bettina B. Altendorf, M.A.
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