Lesermeinung: „Wer die DDR-Geschichte wissentlich verklärt, kann kein politischer Partner sein“
Zu: „Nur Mauer, Stacheldraht und Stasi?“ 20.
Stand:
Zu: „Nur Mauer, Stacheldraht und Stasi?“ 20.10. 2009.
Sehr geehrter Autor, warum so mäkelig? Vom „weltweit anerkannten Ländlein“ ist doch mehr übrig geblieben als Mauer, Stacheldraht und Stasi. Die das Ländlein vor 20 Jahren an die Wand gefahren haben, regieren jetzt wieder. Und wenn sich heute „irgendwer Höheres“ über einen singenden IM aufregt, sollte er sich schonen - vielleicht kommt es noch schlimmer. Dass die „Etablierten“ sich Studenten kaufen müssen, damit die Erinnerung an „Mauer, Stacheldraht und Stasi“ wach gehalten wird, ist beruhigend. Kritische Fragen an die Eltern wie 1968 im Westen wird es nicht geben. Die Brandenburger SPD hat die DDR-„Aufarbeitung“ beendet. Die steht nicht mehr im Regierungsprogramm, da ist nur noch der Kampf gegen Faschismus drin, um den sich die Landeszentrale für politische Bildung kümmern soll. Und ein DDR-Alltagskulturmuseum wird es auch in Potsdam bald geben. Da werden dann „Röstfein“, Trabi und Datsche ausgestellt.
Günter Schlamp, Potsdam
Peinliche Herzlichkeiten
Es war für mich unfassbar, wie der einstige Bürgerrechtler Matthias Platzeck die ehemalige Stasimitarbeiterin und jetzige Fraktionschefin der Linken überaus herzlich begrüßte. Küsschen links, Küsschen rechts und noch eines aufs Haar. So begrüßt man eigentlich nur gute Freunde. Frau Kaiser schien selbst überrascht angesichts so viel Zärtlichkeit. Zu allem Überfluss nannte er sie auch noch „Meine Kaiserin“. Mit dieser demonstrativen Herzlichkeit glaubte der Ministerpräsident wohl, die Stasidebatte beenden zu können. Da hat er sich geirrt. Wann die Aufarbeitung des DDR-Unrechtssystems beendet ist, bestimmen die Betroffenen selbst! Matthias Platzeck appelliert, nach vorn zu blicken. Schließlich müsse man auch diesen Menschen zugestehen, dass sie lernfähig seien. Nur an der „Lernfähigkeit“ der „Linken“ habe ich aufgrund ihrer Verklärungsversuche meine Zweifel. Zur Lernfähigkeit gehört, dass man sich zu seiner Stasi-Tätigkeit bekennt – und zwar nicht erst, wenn es nicht mehr zu verheimlichen ist. Es hat sich bei den Wenigsten ein Unrechtsbewusstsein herausgebildet. Wenn Frau Kaiser auf ein Ministeramt verzichtet, hat das nichts mit Einsicht, sondern mit Taktik zu tun.
Wer die Geschichte der DDR-Diktatur wissentlich verklärt und jegliches
Unrechtsbewusstsein dazu vermissen lässt, kann kein politischer Partner sein.
Harald Koch, Potsdam
Zu: Die 89er warnen vor Rot-Rot, 10.10. 20099 und aktuelle Berichterstattung
Das fatale Signal, vor dem ich am 8. Oktober in der Gedenkstätte Lindenstraße 54 in Potsdam gewarnt hatte (siehe PNN vom 10. Oktober), ist leider Wirklichkeit geworden: die Entscheidung für Rot-Rot in Brandenburg. Zur Begründung wird jetzt zunehmend das Argument einer notwendigen Versöhnung herangezogen. Aber wieso verlangt Versöhnung Regierungsbeteiligung? Ich bleibe dabei: Eine gemeinsame Regierung mit einer Partei, die die DDR nicht eindeutig als totalitäre Diktatur und Unrechtsstaat charakterisieren will oder kann, da sie selbst aus der führenden Partei dieses Staates hervorgegangen ist, ist kein positiver Beitrag zur Entwicklung der Demokratie in Deutschland. Noch besteht die theoretische Chance, dass sich der SPD-Parteitag am 4. November gegen eine Koalition mit der Linkspartei entscheidet. Das wäre dann ein außerordentlich gutes Signal für die (Sozial-)Demokratie in Deutschland.
Reinhard Meinel, Jena
Egon Krenz als Gastredner in den Landtag
Jetzt soll Die Linke auch noch das Ressort Justiz – neben Finanzen und Wirtschaft – bekommen. Der designierten Minister für Justiz relativiert schon mal das Grenzregime der DDR, spricht vom Rechtsstaat DDR und Verfolgungswahn der Bonner Justiz gegenüber DDR-Grenzsoldaten. Der designierte Finanzminister sieht es nicht als erstrangige Aufgabe an, einen ausgeglichenen Landeshaushalt zumindest anzustreben. Als nächstes wird die Landesverfassung geändert: Die führende Rolle der Partei Die Linke wird verankert, damit in den nächsten 40 Jahren das Land kontinuierlich herunter gewirtschaftet werden kann. Auf Personal mit Erfahrung kann zurückgegriffen werden. Brandenburg wird in BDR (Brandenburgische Demokratische Republik) umbenannt und tritt einem wieder zu gründenden Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) den Ländern Kuba und Nordkorea bei. Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls kann Die Linke Egon Krenz als Hauptredner zur Gedenksitzung des Landtages sprechen lassen. Er wird endlich mit der Geschichtsklitterung Schluss machen, die friedliche Revolution vor 20 Jahren wäre das Werk der DDR-Bürger gewesen. Nein, die wahren Helden waren Parteiapparat, Stasi, Armee und Polizei.
Aber im Ernst: Ich halte es für einen großen Fehler, dass der ehemalige Bürgerrechtler Matthias Platzeck mit den erbitterten Gegnern von damals und heute eine Regierungskoalition eingeht Auch schon deshalb, weil die Repräsentanten der Linken fordern, die SPD müsse sich den Positionen der Linken annähern und nicht umgekehrt.
Wenn es Matthias Platzeck nur um eine stabile Mehrheit im Landtag gehen würde, hätte er auch eine Koalition mit der CDU und Bündnis 90/Die Grünen anstreben können.
Wolfram Maede, Potsdam
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