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Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales, steht bei der Präsentation des neuen E-Bus-Typs „Ebusco 2.2“ der Berliner Verkehrsbetriebe am BVG-Betriebshof Indira-Gandhi-Straße am Eingang des Nahverkehrsbuses.

© dpa / Michael Kappeler

Mobilität mit Volker Wissing: Wartezone fürs Neun-Euro-Ticket

Wer hat an der Uhr gedreht? Wir staunen über das Zeitgefühl des Bundesverkehrsministers.

Markus Ehrenberg
Ein Kommentar von Markus Ehrenberg

Stand:

Mit der Zeit ist es so eine Sache. Sie ist eine relative Größe. Menschen wie Verkehrsminister Volker Wissing haben sie offenbar oder nehmen sie sich, andere eher nicht. Wer in diesen Tagen und Wochen einkaufen geht und bald seine Strom- und Gasrechnung in den Händen hält, fragt sich: Was, das soll ich bezahlen und zwar jetzt?

Wer sich dann in Bus oder S-Bahn setzt und sein Ticket gelöst hat, denkt sehnsüchtig an die goldenen drei Monate Juni bis August, als uns das Neun-Euro-Ticket als Teil des ersten Entlastungspakets an die Ostsee oder durch die Stadt brachte.

Okay, die Züge waren oft zu voll, die Infrastruktur der Bahn ist auf Kante genäht. Aber man hat sich eben doch reingesetzt. Eine Anschlusslösung fürs Neun-Euro-Ticket schien sinnhaft, ja geradezu nötig zu sein, und zwar zeitnah, da die Inflationsmarke ja immer weiter nach oben klettert. Die Bürger brauchen Entlastung (die Umwelt natürlich auch). Ins dritte Entlastungspaket hat es diese Logik aber nicht geschafft.

Und da kommt Volker Wissing ins Spiel. Der FDP-Verkehrsminister hat sich hingestellt und für eine schnelle Anschlussregelung ausgesprochen. „Wenn es nach mir geht, haben wir das Nachfolgeticket zum 1. Januar“, sagte er diese Woche auf einer Tagesspiegel-Veranstaltung. Bravo. Zum 1. Januar! Doch so bald?

Bis dahin werden viele weitere saftige Rechnungen und teure Einkäufe fällig geworden sein, und zugleich – das dürfte sich wohl bis zum Kanzleramt (oder zur FDP-Zentrale) herum gesprochen haben – sind die Monate Oktober, November, Dezember nicht gerade die, in denen man vom Fahrrad aus auf Bus und Bahnen pfeift.

Diese Klage gilt nicht der Frage, ob das Ticket neun (Vorsicht, Gratismentalität!), 29 (am besten!) oder 69 Euro im Monat kosten soll. Es sei – ja, Herr Ministerpräsident Woidke – hier auch außer Acht gelassen, dass so eine Ticket-Flatrate dem Brandenburger, der in Kremmen auf den nächsten oder überhaupt einen Bus wartet, weniger bringt als dem Städter, der täglich mit der S-Bahn aus Zehlendorf zur Arbeit in die City pendelt.

Politik ist kein „Wünsch’ dir was“ – ist schon klar. Aber etwas mehr Koordination zwischen Bund und Ländern hätte schon sein dürfen. Seit Mai ist bekannt, dass das Neun- Euro-Ticket im August ausläuft. Mit der Frage: Wer hat an der Uhr gedreht? verleihen wir dem Verkehrsminister kurzerhand den goldenen Paulchen Panter und setzen uns mit Zeitsprung zum 1. Januar in die S-Bahn. Mit 29-Euro-Ticket. Alle Rechnungen bis dahin werden für ungültig erklärt.

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